Heiter, mittags trübte es sich und wurde kalt. Im Burgtheater „Spieler“, Wilhelmi als Posert. Im Kärntnertor-Theater „Musikalische Akademie“, „Joconde“; im Theater an der Wien „Armida“. Den Vormittag beim Grafen. Mit Seitz und Therese zum Uhrmacher Binder, die Karussell-Uhr zu sehen, welche alles Erstaunen erregt. Dräxler und Stessel speisten mit uns, Spaß wegen der Rosel der Richart mit Stessel. Nach Mittag kalt, windig, wir fuhren aber dennoch in den Garten. Marie kam mit Botticelli, welchem alles sehr gefiel; später die Reimannischen. Ging dann ins Kärntnertor-Theater, plauderte mit Fuljod, Kike.Einfügung zu früherer Eintragung: Der pensionierte Hofschauspieler Joseph Lange bekam vom Kaiser für seine 50jährige Laufbahn die große Goldene Ehrenmedaille mit Öhrl und Band, welche ihm Graf Moritz Dietrichstein in Gegenwart der Gesellschaft in seiner Wohnung übergab, und eine Rede hielt, welche Lange mit Würde beantwortete. Das Handbillett des Kaisers war vom 17. April an den Grafen Wrbna geschrieben.
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Kalt, windig, öfters Trüb. Im Burgtheater „Welcher ist der Bräutigam ?“, Wilhelmi von Prag als Bilau. Im Kärntnertor-Theater „Zelmira“, im Theater an der Wien zum vorletzten Mal „Harlekin im Zaubergarten“ dann „No. 777“; Konzert des Clement im Augarten. Den Vormittag beim Grafen, Verhandlungen mit Csiba, Differenzen bei Reimanns und Härtls (?) Konten. Schießl, Kridl, Jungmann und die Reimann speisten mit uns. Nach Mittag mit Therese, Reimann zur Schweizerin aus dem Kanton Luzern, 22 Jahre alt, 6 Schuh 3 Zoll hoch. Diese angenehme Riesin in Nationaltracht – abwechselnd mit dem Strohhut und zur Feierlichkeit mit einer Art Blumenkrone – unterhielt durch ihre natürliche Art, man verweilt mit Vergnügen bei ihr. Sah Katharina (?) Bäbern (?). Therese war mit der Reimann bei der Moser, ich wegen Räumen bei Ball, welche etwas besser. Dann mit Seitz im Theater an der Wien, Lewin reist nach Pest; am Schluss schrieb er ein großes pyrotechnisches Tableau, dies waren Feuerräder, die gar nicht dahin gehören. Wettlaufen der Laufer zum Lusthaus. Tod des Carlo Petray im Spital. Rindfleisch 20 x.
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In der Nacht etwas Regen, nach Mittag trüb, etwas Regen. Im Burgheater „Ehrenwort“, im Kärntnertor-Theater „Molinara“, im Theater an der Wien zum letzten Mal der Violinspieler Boucher, dann „Kiaking“; der Kaiser war da. Den Vormittag beim Grafen, Abreise der Gräfin für immer. Dräxler speiste mit uns; wir sprachen vom § 7 des Pachtkontraktes, vermög welchem nichts enthalten, weswegen die Administration wegen dem Bau des Josephstädter Theaters Einspruch erheben könnte. Sah im Volksgarten das sehr einfache Wasserrad im Bassin, die Wasserleitung, das Josephstädter Theater ganz ausleeren, die Dekorationen auf den Piaristen-Boden, weswegen das Dach abgebrochen. Zu Vladár, zur Ball, fand den Botticelli. Dann ins Burgtheater wo ich mich sehr langweilte. Therese war bei der Moser.
Band 10 (X.), Seite 41r
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Öfters Regen, trüb. Im Burgtheater „Wer ist Partei ? (?)“, mit Wilhelmi von Prag. „Skarabäus“, zum letzten Mal „Buckliger Liebhaber“. Im Kärntnertor-Theater „Zelmira“, im Theater an der Wien zum letzten Mal „Harlekin im Zaubergarten“, Lewin reist nach Pest. Den Vormittag beim Grafen. Mittags bei Wohlfarth mit Mollner, Lipscher (?), Knoll, welcher in Baden war, aber nichts erwähnt wurde. Nach Mittag sprach ich Kike, dann ins Bierhaus und ins Leopoldstädter Theater, Schadetzkys Einnahme „Zauberkranz“, Pantomime in 2 Akten, vorher „Hund des Aubry“, Posse in 1 Akt von Wolf: Mit Wohlfarth, große Hitze und Langeweile. Das wenige, was Maschinen sein sollte, ging nicht. Therese war bei Ries. Begräbnis des Carlo Petray.
Band 10 (X.), Seite 41r
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Trüb, gegen Mittag heiterte es sich aus. Im Burgtheater „König Lear“, im Kärntnertor-Theater „Alle fürchten sich“, „Schweizermädchen“, im Theater an der Wien „Armida“. Den Vormittag beim Grafen. Große Zurüstung am Hof zur Vermählung des Spenglermeisters. Wir aßen mit Fiala allein und fuhren dann gleich in den Garten, mit Reimann später auf den Kirchhof und hörte, dass alle Bäume umgehauen werden müssen. Auf Schmirers Grab ließ ich 2 Trauereschen und Blumen setzen. Außer dem Reimann kam niemand in den Garten. Um 8 h ins Kärntnertor-Theater, leer; ins Burgtheater, ziemlich voll, fand die Kettel. Die Seng bessert sich sehr langsam. Sprach Kike.
Band 10 (X.), Seite 41r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).