Sturm, ziemlich heiter. Im Burgtheater neu studiert „Die Hussiten vor Naumburg am 28. Juli 1432“, Schauspiel in 5 Akten, ohne Chöre, mit neuer Musik; im Kärntnertor-Theater „Junggesellenwirtschaft“, „Schweizermädchen“, im Theater an der Wien „Das war ich“ und Lewins „Zauberschlüssel“ [sic]. Den Vormittag beim Grafen. Sah wegen Aigen, bedeutend krank, lud den Streitfort am Mittwoch zum Speisen. Mittags allein, nach Mittag mit Therese zu Reimann, brachte dem Fritz für das Tischel – als seine erste Arbeit – ein englisches Musselintuch, 4 fl., dann den Sitz im Theater an der Wien. Ich ins Burgtheater, fand Wohlfarth, mit Seitz in Gesellschaft, und konnte mich nur mit Wehmut an Brockmann und die Roose erinnern; auch war der Mangel an Chören sehr fühlbar. De Roo’s Österreichische Chronik von 1621 kaufte ich bei Herzl für 8 fl..
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Sturm, Schneegestöber, sehr kotig. Im Burgtheater „Hussiten“, im Kärntnertor-Theater „Fräulein vom See“, im Theater an der Wien „Puppe“, „Kiaking“. Den Vormittag beim Grafen. Die Agnes und Dräxler speisten mit uns. Nach Mittag las ich De Roo’s Chronik, sprach Kike. Dann bei Hoffmann, ins Theater an der Wien; leer. Sah vorher bei Neefe die Karton-Modelle zu Lewins neuer Pantomime, lauter Klappenmaschinen, von denen ich mir keinen großen Effekt verspreche. Bei Therese war die Moser. Heute starb der reiche Börsenjude Cailman (?) an der von Kern gemachten Operation von Bruch und Stein. Dann erzählte mir Kárner, dass sich Samstag der Bube Dorfmeister in seiner Mutter Zimmer mehrere Kugeln in den Kopf schoss, aber noch lebt. Endlich stürzte sich abends ein Mädchen vom Pálffy’schen Steg in den sumpfigen Wienfluss.
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Kalt, heiter. Im Burgtheater „Verräter“, „Reise nach Dieppe“; im Kärntnertor-Theater „Italienerin in Algier“ mit Hornik, Fröhlich und Haizinger, im Theater an der Wien „Papageien“, „Goldener Schlüssel“. Den Vormittag beim Grafen, mit ihm in Taglionis neues Ballett, konfuse Probe. Indessen war die Ball bei Therese und klagte, dass man sie wieder übergangen habe. Mittags speisten mit uns Selchfleisch Kárner, Kridl, Koch mit Gustav, Streitfort und Joh[ann] Mark, Müller, Neumann, Benelli und Pepi, welcher aus dem Spital kam. Nach Mittag mit Therese zur Stegmayer gratulieren, dann zum Fußer. Die Hoffinger wurde mit einem Mädchen entbunden. Ich blieb bis 6 h, dann ins Kärntnertor-Theater, fand Pettenkofen, Eckl. Sah oben die Ball, welche bei Therese war; langweilte mich.
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Ein schöner Tag. Im Burgtheater auf Befehl der Kaiserin „Hussiten“, im Kärntnertor-Theater „Fräulein vom See“, im Theater an der Wien „Scharfenecker“. Den Vormittag beim Grafen, mit ihm in die Probe von Taglionis Ballett „Margaretha von Catanea“, Musik von Gallenberg, recht hübsch. Elsler und Dräxler speisten bei uns. Nach Mittag mit Therese zur Kunesch und Caminada ins Rote Haus, sang das „Stabat mater“ von Benelli, worüber er ganz entzückt war. Dann ich in Gesellschaft ins Theater an der Wien, fand Neumann mit der Mili, und hörte, dass sie morgen in „Johann von Finnland“ spiele, aber im Kärntnertor-Theater das neue Ballett sei; mir sehr unangenehm. Therese war bei der Trentsensky.
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Ein schöner Tag. Im Burgtheater für die adeligen Frauen als Ersatz für die Aschermittwoch-Akademie „Das Leben - ein Traum“, dramat[isches] Gedicht in 5 Akten von West nach Calderon. Im Kärntnertor-Theater „Junggesellenwirtschaft“, dann zum 1 Mal „Margaretha, Königin von Catanea“, Ballett in 3 Akten von Taglioni, Musik von Gallenberg, eine Landschaft von Neefe, sehr schön, die anderen Dekors von Janitz, DePian und Gail. Im Theater an der Wien „Johann Herzog von Finnland“, Schauspiel in 5 Akten, die Emilie Neumann als Herzogin Katharina. Den Vormittag beim Grafen, Therese fuhr mit Pepi spazieren, dann speiste er mit uns, auch Neumann. Nach Mittag mit Therese spazieren, sie ging zu Hoffmann und Duport. Ich in den Garten, durchsuchte alles, setzte mich in die Hütte, sprach Neumann. Dann ins Theater an der Wien, schlechte Aufführung, wenig Menschen; setzte mich die letzten Akte zu Duport und Neumann. Die Mili wurde gerufen. Im Rückweg hörte ich, das Ballett habe sehr gefallen.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).