Trüb. Im Kärntnertor-Theater „Barbier von Sevilla“, im Theater an der Wien zum 1. Male „Reise durch die Luft“, Posse in 2 Akten von Gleich, Musik von Roser (?). Den Vormittag beim Grafen; er ist etwas besser, alles umlagert und geniert. Bei der Wohlfarth, mittags war Schießl mit uns. Nach Mittag zum Grafen. Gegen Mittag sperrte sich der Urin, ein größeres Katheter lässt sich herein bringen. Man besorgt eine Operation und große Gefahr. Man kann nie ruhig sein. Zu Kike, abends wieder zum Grafen, dann ins Theater an der Wien; Langweilte mich sehr; der Garten des Pálffy in Hernals von Neefe war noch das Beste. Plauderte mit Michel, Römer und Wille, welcher Dienstag nach Graz reist. Heute ist im „Beobachter“ die Nachricht von Bonapartes Tod auf St. Helena, am 5. Mai abends um 6 h an Magenkrebs, an dem auch sein Vater starb. Er wurde geöffnet. Er lag 40 Tage und war bis zum Tode bei sich. Seine letzten Worte waren „tête – armée“. Am 9. wurde er mit den höchsten Ehrenbezeugungen, in dem gesunden Tale, an dem Platze, vor einer Quelle, den er selbst wählte, in einem gemauerten Grab begraben, in grüner Uniform, samt Orden, in 3 Särgen. Herz und Magen sind in Spiritus.
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Regen. So einen schlechten Sommer erlebten die ältesten Menschen nicht. Nach Mittag heiterte es sich aus. Im Kärntnertor-Theater „Opferfest“ mit Moltke von Weimar und der Fröhlich; im Theater an der Wien die gestrige Posse. Brigitten- und Margarethen-Kirchtag. Den Vormittag beim Grafen, welcher nicht besser. Fand Kárner, Kike. Mittags bei Wohlfarth mit Streitfort. Nach Mittag beim Grafen, abends war er besser. Ins Kärntnertor-Theater Therese ging in die Loge, ich ins Parterre, fand die Wohlfarth und die Seitz. Die Fröhlich hat so eine alte Stimme, gefiel wenig. Therese holte ich aus dem Theater, gingen zu Corti, tranken im 1. Stock Mandelmilch, dann nach Hause.
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Trüb, kalt, windig; später Regengüsse. Im Kärntnertor-Theater „Nachtigall“, länd[liches]. Divertissement, im Theater an der Wien das Gestrige. Der Tischlermeister Dorner brach den ganz morschen Gang im 3. Stock ab, und setzte den neuen auf; 90 fl. Den Vormittag beim Grafen, er ist besser, doch geht noch das Urinieren schwach. Neupauer und Tarrovsky (?) klagen ihn wegen Kapital des Kertiza (?), deswegen zu Gyurkovics; sehr fatal wegen der Folgen. Mittags mit Koch bei Wohlfarth, bei Therese war Dräxler, nach Mittag mit Therese in den Garten, da kam Feronce mit Familie. Nach 7 h in die Stadt, ins Kärntnertor-Theater, sprach Aigen, dann Kike. Im Regen nach Hause. Therese gab der Nejebse, Skala Lektion.
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Trüb, mittags heiter, nach Mittag wieder Regen; der Abend wurde schön. Im Kärntnertor-Theater „Zauberflöte“, Moltke zum letzten Mal; im Theater an der Wien „Die Reise durch die Luft“, im Leopoldstädter Theater „Fiaker in Wien“, mit Korntheuer und Huber. Der Graf ist besser, den Vormittag bei ihm. Am Vormittag in die Generalprobe von Taglionis neuem Ballett „Lodoiska“, schöne Komposition, schöne gefällige Musik, die zwei ersten Akte von Umlauf, der 3. Gyrowetz. Ich glaube gewiss, dass es gefällt. Michel und Pepi speisten bei uns, ich bat ersteren wegen Jeanettl. Nach Mittag wieder zum Grafen, gegen 5 h Regen, dennoch in den Garten. Reimann kaufte den Grund des Fleischhacker für 1500 fl. zu Werkstätten und mass gleich aus; wir machten ihm als Nachbarn einen Besuch. Pepi zog Bier ab, die Knaben des Feronce kamen. Stabl, Vesely, Swoboda, die Mayer Resi kamen, wir waren bis gegen 9 h im Garten. Dann ich ins Kärntnertor- Theater, Moltke gefällt gar nicht; sprach Kike.
Band 10 (X.), Seite 3r
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Warm, veränderlich. Im Kärntnertor-Theater „Wechselbrief“ und zum 1. Mal „Lodoiska“; Ballett von Taglioni in 3 Akten, die Schneckenstiege von Girardoni. Besorgte Sitze für die Reimann, Rohrweck, Wertheimer. Im Theater an der Wien „Waise aus Genf“. Den Vormittag beim Grafen; er bessert sich. Zu Herrmann und mit Therese in die Porzellanfabrik. Kridl, Wagner speisten mit uns. Ins Kärntnertor-Theater, der Kaiser mit ihr erschien und wurde mit viermal Klatschen empfangen. Ballett und Musik gefielen sehr, Taglioni wurde mehrmals gerufen, die Schlussgruppe wiederholt; das Ganze machte Furore. Um ¾ auf 11 h noch zum Grafen, da wurde Vehring geholt, der Urin ging nicht; indessen war die Nacht wieder gut.
Band 10 (X.), Seite 3r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).