Sprung zur TabelleSprung zum MenüSprung zur SucheHotkey Referenz
Anzeige von 8411 - 8415 aus 11858
Sortiere nach 
Lfd Nr Jahr Monat Tag Eintrag Namen Referenz
8411 1820 8 9 Heiss. Im Burgtheater „Allzu scharf macht schartig“, im Theater an der Wien „Fridolin“, Mlle. Enders, Geliebte von Stessel, als Liutgarde. Früh zum Grafen, welcher wieder von Mödling kam, den ganzen Vormittag voller Arbeit. Vor 8 h kam die Wilhelmine Reichard und bat mich, ihr an die Hand zu gehen, wie ihre Einladung an die Erzherzoge gelangen kann. Ich übernahm es, die besorgte mir Zanini. Ich versprach ihr, Nachricht in den Kleinen Saal zu geben, wo sie ihren Ball zusammenlegte. Da fand ich die Ärmste mit der mühsamen Arbeit und Umwinden des großen Reifs. Ich versprach ihr, eine taffetene gelbe und schwarze Fahne zu besorgen, den Korb zu den Blumen, dann roten Wein zur Auffahrt zu senden. Um 2 h speiste ich mit ihr beim Lamm auf der Terrasse. Mittags reiste der Graf ab, ich expedierte. Abends zu Lehner (?) und blieb. Theresen schrieb ich und schickte 3 Paar Handschuhe. Band 09 (IX.), Seite 134v
8412 1820 8 10 Ein schöner Tag, nur heiß. Nach 7 h zum Fabrikanten Böhm, mit ihm zu Brandmayer, sahen die Wolle. Zur Vladár, übernahm und zahlte Cohen. Schrieb an den Grafen nach Mödling und speiste in Kridls Compagnie im Igel. Besuchte die kranke Jeanettl, welche sehr an Bauchschmerzen leidet und fand sie sehr übel. Dann um 4 h auf den Feuerwerksplatz. Der Ball war sehr gefüllt. Sprach mit Reichard, versprach, seine Frau um 6 h zu ihrer 2. Luftfahrt – sonst ihrer 16. Luftreise – abzuholen. Eintritt 1 fl., erste Galerie und neuer Raum 4 fl. Töpfer war da und brachte sein Sonnett, dann in die große Allee, leer, fand Römer, mit Ernst und Marie zusammen auf den Platz. Zum Erstaunen voll, Ehz. Carl, Rudolf, Albert, Beatrix etc. Sie war weiß gekleidet, grün aufgeputzt. Um 7 h stieg sie an einer Schnur ungefähr 15 Klafter, dann kam sie zuück, schwenkte die Fahne, erhob sich schön langsam, grüßte freundlich, warf Blumen und Sonette – die Sonette waren von Töpfer – aus und flog in der nämlichen Richtung wie das erste Mal. Der Fiaker No. 556 stand fort am Feuerwerksplatz, wir flogen mit ihm über die Franzensbrücke, beim Rasumofsky vorüber, zur St. Marxer Linie hinaus, über die Kanalbrücke, die Felder in der Nähe des Belvederes zu. Er rief ihr schon in einer beträchtlicher Höhe des öfteren zu. Stiegen aus und liefen mit Anstrengung über die neu geackerten Felder und kamen glücklich um 7 ¾ h zum Punkt ihrer Landung. Sie warf schon früher den Anker aus, an diesem zogen gleich die Leute so ungestüm zur Erde, dass der Ball schwankte. Unglaublich schnell versammelte sich eine große Menge Menschen um den Ball. Es war zum Ersticken heiß. Ich schlug gleich vor, in meinen Garten den Ball zu bringen, wurde aber überstimmt, es hieß „Ins Belvedere !“ Nach einem äußerst beschwerlichen Weg zum Belvedere hieß es, das Linientor dürfe nur für den Hof eröffnet werden. Da kam Ehz. Carl mit Suite und schickte einen Artilleristen, man solle aufsperren; endlich geschah es, obwohl langsam. Ich suchte die Artilleristen zu bewegen, dass sie einen Kreis bilden, aber vergebens. Der Reichard verlor die Geduld, wollte zweimal den Ball ganz frei lassen, der Andrang war aber auch gar zu arg. Bekam unglücklicherweise einen Stoß in die Seite und fiel beinahe ohnmächtig ihr im Korbe in die Arme. Sie fing zu weinen an, ich nahm ihn um die Mitte, ließ ihn etwas ruhen, beruhigte sie und so kamen wir zum Gatter der Belvedere-Linie. Inner derselben wurde beschlossen, dass sie aussteigen und ein anderer einsteigen soll, damit das Volk sich mehr verlieren sollte. Ich führte sie in die Wohnung des Wassermaschin-Kutschers, ließ selbe schließen, ging zu ihm, zum Ball und ließ selben in Begleitung von Artillerie und Polizei zu meinem Garten bringen, das Plankentor öffnen und zum Steigbaum hin ziehen. Die Militärs hinderten das Eindringen in den Garten, ungefähr 10 Kerls schlichen und drängten sich doch hinein, diese ließ ich hinausschaffen; lange stürmte die Racaille und warf mit Steinen nach dem Ball. Ich fand meine Schwägerin mit Anhang, Reimann mit Familie, Fieglmüller, Dräxler, Schanz, hörte dass der Kreishauptmann Saar da war. Nun wurden Anstalten zum Leeren des Balls gemacht. Ich schickte Dräxler um sie, dass man sie mir dem Wagen bringe. Sie kam mit dem Artillerieleutnant Greifenstein; noch ein paar junge Leute drängten sich ein. Ich ließ ihr das Zimmer zum Ausruhen richten, ordnete nach seinen Angaben die Ausleerung. Meine Gesellschaft empfahl sich um ½ 10 h. Nun waren wir 6 Personen allein. Alles ging gut, der Ball wurde ordentlich zusammengelegt, samt dem Korb in die Hütte, das Netz mit dem Barometer und die schwarz-gelbe Fahne – die mir zum Andenken ward – in das Zimmer gebracht. Sie küsste mich; über ihre und des Balls Rettung waren wir sehr erfreut. Wir erfrischten uns mit etwas rotem Wein, waren um 11 h fertig. Ich führte sie ins Lamm; wir verabredeten, dass sie morgen bei mir speisen werde, dann fuhr ich matt und müde nach Hause; konnte wenig schlafen. Wie sehr hätte ich gewunschen, dass Therese Zeuge geworden wäre ! Der Ball wurde in Dresden aus schwerem Taffet – die Elle zu 4 fl. – verfertigt, und hierzu 611 Ellen verwendet. Er kostet samt dem Netz, Arbeit etc. über 4000 fl., und misst in der Höhe 23 Schuh, in der Breite ½ Schuh weniger. Sie mag über 4000 Fuß gestiegen sein. Band 09 (IX.), Seite 134v
8413 1820 8 11 Sehr heiß. Im Burgtheater „Jude“, im Theater an der Wien „Barbier von Sevilla“. Um 7 h kam schon Axt, und erzählte uns, dass Kárner und Traussmüller angaben, sie sei in der Nähe des Belvederes gesunken. Nun machte ich mein Referat, später kam Lissl und forschte ebenfalls. Dann zum Grafen, welcher eben von Mödling kam. Gegen 1 h kam Schenk, dann August, dem ich auch alles erzählte. Schrieb Theresen sehr umständlich, und dass ich morgen nicht nach Baden kommen kann. Der Graf fuhr nach Mödling und trug mir auf, den Mericzay zu erwarten. Axt, Reichard und sie speisten mit mir; unter dem Essen kam Wille, dann Reichard, Tscher[nohlawek ?] brachte Champagner, wir waren sehr vergnügt. Nach 4 h fuhr ich sie in die Redoute, da war der kleine Jude Heilbronn, dann zum Lamm, dann auf den Feuerwerksplatz, sprachen Müller, Petrasch, Verwalter der chemischen Fabrik Nussdorf, Apotheker Herrmann aus Dresden, welche Kassa machten und nicht viel über 5000 fl. einnahmen. Um 6 h war ich beim Grafen, erwartete Mericzay, welcher eben kam. Nach 7 h schlich ich herum, zu Lehner. Band 09 (IX.), Seite 135v
8414 1820 8 12 Trüb. Im Burgtheater „Erinnerung“, [Billett] dem Tschepp, im Theater an der Wien „Bär und Bassa“. Um 7 h zum Grafen, mit Mericzay beschäftigt. Schrieb Theresen und speiste erst um ½ 3 h im Seitzer Hof. Dann in Schmirers Kaffeehaus, sprach Schenk und blieb wieder bis ½ 7 h beim Grafen, welcher dann nach Mödling fuhr. Im Hause ließ ich die Stiege weißen und alles anstreichen. In Compagnie der Römer und ihrer Knaben in den Garten, nach 9 h zu Hause. Es war sehr schwül, von allen Seiten blitzte es. Band 09 (IX.), Seite 136r
8415 1820 8 13 Heiss, nach Mittags trübte es sich, heiterte sich wieder aus. Im Burgtheater „Wirrwarr“, den Logenschlüssel überließ ich dem Reichard. Im Theater an der Wien „Abälino“, Mlle. Enders – von Stessel – als Rosamunde. Früh reiste Mericzay ab. Ich schrieb Theresen und Reichard, dass ich mit ihr zum Bombardier-Oberst Mayer fahren wolle. Schloss meine Kassa ab, speiste zu Hause. Da Reichard meinen Vorschlag annahm, so holte ich sie ab. Sie waren noch im Negligé, und sie mit der Kasse beschäftigt. Wir fuhren in die Kaserne am Rennweg, zum Leutnant Greifenstein, welcher nicht zu Hause, zum Bombardier-Oberst Mayer, welcher sie sehr artig aufnahm und welchem sie für die Hilfe dankten, die die Mannschaft leistete. Dann zur St. Marxer Linie hinaus, den ganzen Weg, den sie mit dem Ball machte, zeigte ihr die Belvedere-Linie, die Straße in meinen Garten, fuhren in meinen Garten. Besahen den Platz, wo der Ball zusammengelegt wurde und führte sie wieder zum Lamm. Heute sind sie bei dem kleinen Frank in Döbling. Mit dem Schuft Bäuerle speisten sie gestern; dieser klagte, er könne meine Gunst nicht erringen, habe sie wegen einem Gedicht an Gewey verloren und erzählte den Bubenstreich ganz falsch, worüber ich sie aufklärte. Nach Mittag in den Garten, der Hausmeister wieder nicht da, über meinen Unwillen hatte sie ein loses Maul. Da kam er besoffen, wollte nicht grüßen, war grob. Ich gab ihm ein paar Ohrfeigen, er ging wieder saufen. Die Hoffmannischen mit Rosner, Herzl, Römer mit ihren Knaben, Marie, Benedetto, Antikenzeichner, Ziehsohn und Erbe des Barth (?), die gewisse Pepi der Weber mit Schlepp, Fux mit Geyling und eine Schar Mädchen, Dräxler, die Reimannischen, Ottawa mit Schwester. Gegen 9 h in die Stadt, zum Bürgerspital. Band 09 (IX.), Seite 136r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.

Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:

  • Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
  • Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
  • Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
  • Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
  • Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.

Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).


(†) Peter Prokop, Wien, im Februar 2016

Copyright © 2025 Heraldisch-Genealogische Gesellschaft "ADLER", Wien. All Rights Reserved. Austria-1095 Wien, Postfach 7, Universitätsstraße 6/9b