Veränderlich, abends wieder Regen. Im Burgtheater „Straßenräuber“, im Kärntnertor-Theater „Camilla“, Schelble aus Stuttgart als Graf Londono. Im Theater an der Wien „Deserteur“, gefällt wenig. Auf dem Burgtor-Glacis Bürger-Revue, gehalten vom Prinzen von Württemberg. Die Bürger übergaben alle Waffen an das Militär. Früh kam Kleiner. Ich ging zu Quarins Lizitation, da wurde sehr teuer verkauft, es war gedrängt voll und große Hitze. Die Uhren wurden über dem Wert verkauft. Die englische lizitierte ich für Braun, die 2. kaufte Teissler (?), die dritte mit Spielwerk Phillebois. Mittags allein mit Nina. Ich sprach mit Braun, der mir sagte, er habe mit Pálffy gesprochen und die Sache sei schon abgetan. Nach Mittag waren Therese und Nina bei Fuljod, der ihnen versicherte, Pálffy leugne, ihre Schrift empfangen zu haben; heute sei er zur Kaiserin gereiset, sie zu avertieren, dass die Kaiserin Louise früher komme; man möchte also diese Woche warten und dann an ihn und Pálffy einen Brief schreiben. Ich glaube, Pálffy unterschlägt das Ganze. Der Neuberg übergab die Schrift gewiss. Nach Mittag schrieb ich an den Grafen viel, dann an Keglevich und Mericzay. Abends einen Augenblick zu Quarins Lizitation, zu Kridl. Da kam Vlád[ar], dem ich derb die Wahrheit sagte und ins Bockshorn jagte. Von da ins Kärntnertor-Theater. Schelble legte eine Arie in 1. Akt [ein] und missfiel ganz. Die ganze Compagnie von der Wien spielte herinnen, ich plauderte mit Pettenkofen, Denifle (?). Der Tenor ist jung, hat eine hübsche hohe Figur, aber eine Halsstimme, distoniert und keinen Vortrag. Dann kam ich in Compagnie, um etwas zu soupieren.
Band 08 (VIII.), Seite 15v
6127
1814
5
10
Trüb, öfters Regen. im Burgtheater zum 1. Mal „Der tote Ehemann“, Lustspiel in 1 Akt aus dem Französischen; „Rätsel“, dann zum 1. Mal „Glückskind“, Lustspiel in 1 Akt in Alexand[rinern]. Im Kärntnertor-Theater „Leichtsinn und gutes Herz“, orient[alisches] Divertissement; im Theater an der Wien „König Theodor“. Früh Wein abziehen, wegen anglisiertem Schimmel zum Oberstleutnant Hajd (?) auf den Heumarkt, zum Czismenmacher, dann in die Lizitation. Heute kaufte ich von Teissler die französische Repetieruhr von Quarin um 235 fl. zurück und gab sie dem Hitzinger zum Ausputzen. Schießl und Kridl lud ich für morgen zum Speisen. Mittags allein, nach Mittag legte ich mich, befinde mich gar nicht wohl; schrieb an den Grafen. Neefe kam, es heiterte sich aus; ging zur Rosen (?) dann ins Burgtheater. Das 1. Stück ist mittelmäßig. das 2. schlecht. Inzwischen ging ich ins Lothringer Bierhaus, soupierte und plauderte mit Heyssan. Im Theater fand ich Compagnie, Entenfellner. Im Nachhause gehen wurde es kalt. Heute wurden 2 Eimer weißer Wein abgezogen, es wurden 130 Bouteillen
Band 08 (VIII.), Seite 16r
6128
1814
5
11
Heiter, kalter, rauer Wind, wie im November. Im Burgtheater „Toter Ehemann“, „Glückskind“, „Komödie aus dem Stegreif“, im Kärntnertor-Theater „Korb“, „Lott[rie]-Los“, im Theater an der Wien „Alle fürchten sich“, Oper in 1 Akt von Castelli, Musik von Isouard. Am Vormittag Verhandlung mit Stuker (?), ging in No. 464, ließ Möbel zusammentragen, ging in Quarins Lizitation, zu Dermer. Mittags waren Kridl, Schießl, Lang unsere Gäste. Nach Tisch schrieb ich an den Grafen, Richart arbeitete an der Optik. Mit Braun machte ich aus, dass er mit seiner Gesellschaft morgen kommt. Nina sprach mit Neuberg, welcher Pálffy die Schrift richtig gab, und es nun leugnet. Beim Essen schrieb Kridl, dass er nach Schönbrunn muss, kam aber nachher. Ich ließ ihm frischen Kaffee machen, wir plauderten. Therese konnte wegen der Kälte nicht spazieren gehen. Abends fuhr ich zu Rosen, dann kam ich in Compagnie um etwas zu soupieren. Richart arbeitete an einem neuen Zug der Figuren.
Band 08 (VIII.), Seite 16r
6129
1814
5
12
Kalt, trüb, windig. Die Hoftheater wegen Tod der Ludovika geschlossen, im Theater an der Wien „Aline“. Ich bin gar nicht wohl, blieb lange im Bette, hatte mit Schieder und Stuker zu tun, in No. 373, ging in Quarins Lizitation. Richart arbeitet fleißig, den Schaffel (?) verspach ich, bei ruhigem Betragen hier zu lassen. Mittags allein, dem Grafen schrieb ich nicht mehr. Nach Mittag ging ich nicht mehr aus, die Kälte ist zu heftig. Richart und ich arrangierten zur Optik, 12. und wahrscheinlich letzte Vorstellung für Braun. Dann kamen Schießl, der junge Müller, welcher sich ungeladen aufdrang, später Stifft, Hoffmann, wir gaben uns alle Mühe, es ordentlich zu machen. Müller unterhielt uns vorher mit Kartenkünsten. Es kamen Peter Braun, sein Sohn mit Familie, Joseph mit Frau, Nepomuk, dann Propst Eberl, Baron Papius (?), Genzinger (?), 3 Mädchen, die Bauer (?) mit Schwester und Tochter, Müller, Neefe, später LaRoche, Nina. Unter der Optik überraschte uns der Graf, der eben ankam, aber nicht hineinging. Ich sprach mit ihm ganz kurz, er ging, wir setzten die Vorstellung fort. Die Familie war vortrefflich unterhalten und war auch sehr vergnügt. Nachher saßen wir bis nach 12 h beisammen. Müller übertraf sich selbst in Kartenkünsten, Richart und Stifft waren sehr kindisch.
Band 08 (VIII.), Seite 16r
6130
1814
5
13
Kalt, heiter. Im Burgtheater „Jenny“, im Kärntnertor-Theater „Schweizer Familie“, im Theater an der Wien „Deserteur“. Um 8 h zum Grafen, zu Quarins Lizitation, kaufte einen Schirm für 125 fl., Sekretär für 187 fl., Sessel für 75 fl. Zum Rumpelmayer, mittags allein, nach Mittag zu Hause. Schickte dem Alois eine Uhr für 29 fl., zum Grafen, Rosen. Therese hatte Besuch von der Mühlhofer und Tochter. Ich ging über die Glacis, durch den Stadtgraben. Im Sand rutschte ich und fiel, war von Staub ganz eingewälzt. Suchte Compagnie, um etwas zu soupieren, sprach die Assen, die auf ihrem neuen Platz zufrieden ist.
Band 08 (VIII.), Seite 16v
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).