Heiter, später windig. Im Burgtheater „Welche ist Braut ?“, im Kärntnertor-Theater Einnahme der Milder „ Medea“, im Theater an der Wien „Eselshaut“. Den Vormittag beim Grafen, Keller. Radossevich, Rumpelmayer, Seitz, welche ich für morgen zum Speisen lud. Mittags allein, nach Mittag zum Grafen, arbeitete mit Richart und jung Bschaidner an der Zurichtung zur Optik, welche uns heute viel zu schaffen gibt. Schrieb an Zinnicq wegen Susky und den Koblerischen (?). Weil Schießl die Morgenstunde nicht vollendete, mussten wir die Hoffnung geben. Zur zehnten optischen Vorstellung kamen Gatterburg mit 2 Kindern, Fuljod mit Frau, Pittoni mit 4 Kindern, Geissler mit Corda, Wildtfeyer, Fölsch, Hötzl (?), Hitzinger, Lissl Sensal, Jonak mit 2 Kindern, Lissl Offizial mit Frau und Sohn, Fanny, Bettl – welche mir ein Uhrband und Hosenträger brachten, die zu Verdruss Anlass gaben –, Bschaidner, Frau, Fiala mit 3 Haidingern, Richart, Hoffmann, Neefe, Nina, Sohn von Carlo, Agnes, Stifft. Wir gaben Würsteln, Kalbsbraten, Schinken. Ich war zufrieden, alles ging gut, nur DelRio mit seinem Uhrband reizte Thereses schwache Nerven, dass sie mir sehr beißende Reden gab. Um 12 h war alles fort.
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Heiter, doch sehr stürmisch. Im Burgtheater „Wald bei Hermannstadt“, im Kärntnertor-Theater „Zauberflöte“ zum 32. Mal, im Theater an der Wien zum 1. Mal „Judith – die Belagerung von Bethulien“, Oper in Jamben in 2 Akten von Meister, Musik von Fusz. Im Josephstädter Theater zum 1. Mal „Ochsenhaut“ von Gleich, Musik von Roser. Den Vormittag beim Grafen, brachte Therese Zuckerwerk, der Treitschke 10 # für die Loge. Therese hat Kopfschmerzen, Elsler speiste bei ihr, ich beim Grafen mit Keller vom Ehz. Franz, Radossevich, Rumpelmayer, Seitz, Ulm, den Gräfinnen. Nach Mittag beim Grafen, wieder ins Münzamt wegen 9000 fl. für Keglevich. Dem Elsler schrieb ich ein Promemoria für eine Oboistenstelle im Kärntnertor-Theater anstelle von Christ (?). Nach Mittag musste Therese brechen, eine gewöhnliche Folge ihrer Reizbarkeit; mir wird gleich so bange. Ich brachte ihr Zuckerwerk, bin so beschäftigt und alles stimmt mich um. Nina blieb bei ihr, abends aber sang sie rein und schön und wurde sehr applaudiert. Ins Josephstädter Theater, Gewey und Neefe begleiteten mich Im Theater fand ich Leithner, dann Vogl (?), die Müller mit Gassner (?), langweilte mich zum Sterben. Die Maschine von Susky ist für das Theater viel zu groß und ohne Effekt. Um 1 h kam ich erst zur Weintraube, wo mich Jungmann erwartete, um ihm Rendezvous für morgen zu geben.
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Heiter, aber windig. Im Burgtheater „Coriolan“, die Mutter Veturia statt Nouseul Weissenthurn, die Gattin Volumnia statt Roose Adamberger. Letzte Einnahme des Lange, er zieht mit seiner Therese und Familie nach Gmunden. Im Kärntnertor-Theater „Bergsturz“, im Theater an der Wien „Judith“ zum 2. Mal, Mad. Buchwieser, Horschan (?), gefiel nicht. Therese ist besser, nur matt, mediziniert und geht nicht aus. Nach 6 h zum Grafen, sehr beschäftigt, um ½ 9 h reist er nach Preßburg.Ich eilte zu den Dominikanern, sah Phillebois in seinem Ornat, hörte vom Balkon Pauken und Trompeten und sah den Zug in die Kirche zur Feier des Jahrestages ziehen. In Jungmanns Gesellschaft Fahrt nach Wagram, Essling, Aspern; über den Floridsdorfer Spitz, Leopoldau, Süssenbrunn, Aderklaa – wo das zerschossene Gewölbe der Kapelle eingeschlagen und stuckatiert wurde – nach Wagram. Die Orte sind zusammengebaut und sehen wie neu angesiedelt aus. Nun sind an allen Häusern Kugeln eingemauert. Süssenbrunn, Aderklaa, Deutsch Wagram und Gerasdorf gehören dem Grafen Kokorschowa. Im ersteren ist ein ganz artiges Landhaus. In Deutsch Wagram aßen wir Eierspeis und Schweinskarbonaden, fanden die Müllerstochter von Ringelsdorf, sahen die Kirche, den Schafflerhof, wo wir 1809 das Lager hatten, das Managettische Haus, in welchem der Held Carl wohnte, den Pfarrhof, blieben eine Stunde. Um 12 h über Parbasdorf, Raasdorf nach Stadtl Enzersdorf, durchfuhren das Städtchen, wo wohl noch Spuren der Verheerung sind, denn es wurde von den Franzosen gestürmt. Auf den Feldern liegen eine Menge unverscharrter Knochen von Menschen und Pferden. Nach Essling, da ist die Kapelle noch nicht hergestellt, der Speicher sieht wie neu aus, nach Groß Aspern, die ofte Bestürmung des Kirchhofes, der Kirche zerstörten beides. Bis auf den Turm ist beides hergestellt, der ist zwar gedeckt, aber ohne Glocken und nicht verputzt. Von da über Hirschstetten und Kagran zurück. Diese beiden Orte haben sehr wenig gelitten. In Floridsdorf fing ein heftiger Wind und Staub an, uns sehr lästig zu werden. Um 3 h waren wir im Prater, lagerten uns beim 1. Kaffeehaus, nahmen Kaffee, Gefrorenes und Bier, Um 5 h war ich zu Haus. Ich fand mein gutes Weib besser, und hörte, dass sie heute wegen der Kantate „Die Befreiung Deutschlands“ – wozu sie von Hummel, Spohr und Streicher (?) geladen – nicht bei der Milder erschien. Ich schrieb an den Grafen, arbeitete bis 7 h, dann ins Burgtheater. Heute kam die Gräfin Casimir. Dieser Tage tritt die Assen aus und die Lisette von der Illésházy ein. Im Theater fand ich Compagnie, die Logen waren leer, die übrigen Plätze voll. Mit Jubel wurde Lange schon in der Szene empfangen, mit Enthusiasmus nach dem 1. Akt vorgerufen. Am Schluss gab er uns Hoffnung, ihn dennoch manchmal zu sehen und schloss: „Nur ein deutsches Publikum kann so groß deutsche Künstler lohnen !“
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Früh Regen, dann heiter, nach Mittag und abends trüb und kalter Wind. In der Nacht quälte mich der Husten sehr. Burgtheater und Kärntnertor-Theater sind wegen M[aria] Theresiens Vigilien geschlossen, im Theater an der Wien „Joh[ann] v[on] Paris“. Früh arbeitete ich zu Hause, zur Gräfin Keglevich, in No. 373, machte Gelder zusammen. Besuchte den kranken Schießl, brachte ihm Wein und Zeitungen. Mittags bei Radl. Therese ging zu den Unteren Jesuiten, wo eine Messe für Quarin von einem 75jährigen Priester gelesen wird, der dafür 300 fl. erhielt, dann zur Moser speisen. Ich ließ Therese hinaus fahren. Bei uns ist große Wäsche. Nach Mittag zu Haus, fertigte den Korporal Németh ab, schrieb an den Grafen und sandte den Husaren zurück. Indessen brachte die Reimann Therese einen eleganten Sekretär aus Mahagoni, welcher mich sehr freute. Ich musste in die Vorstadt, kam abends in Compagnie, soupierte etwas. Therese war sehr angenehm überrascht; wir deliberierten über das neue Arrangement und bestimmten den Sekretär an den Platz des Schubladkastens beim Ofen, den Schubladkasten zu der Sepherl zu stellen und den weichen Schubladkasten der Nina hinzuschicken.
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Den ganzen Tag Regen. Im Burgtheater „Intermezzo“, im Kärntnertor-Theater „Agnes Sorel“, im Theater an der Wien „Judith und Holofernes“. Im Leopoldstädter Theater Brinkes Einnahme, „Die Deutschen“, Oper in 1 Akt von Lessel (?), dann „Harlekin Minengräber“. Am Vormittag bei der Keglevich und in der No. 373. Therese arrangierte die Kästen. Mittags allein, nach Mittag fuhr sie zu Reimann, brachte ihm 744 fl. und bedankte sich. Ich ging nicht mehr aus, schrieb an den Grafen und Mericzay. Abends arbeiteten ich und Richart an der Optik und legte mich früh, denn ich hatte heftiges Katarrh-Fieber. Jean und Meissner kamen an.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).