Leopoldsfest. Ein kalter, nasser Tag; es regnete und ein Sturmwind sauste. Akademie im Kärntnertor-Theater für die Wohltätigkeit. Früh frug ich Therese, ob sie die Schrift schon geschrieben habe, dass ich nach ihrem Tode Alleinerbe bin und mir nicht gefallen lassen muss, von meinem erworbenen Vermögen mir die Hälfte abzuschätzen. Nein, war die Antwort, sie kann sie auch nicht schreiben. Nun ist dies zum dritten Mal, dass sie mich narrt, dass sie einstimmig ist und sich von schlechten und dummen Menschen leiten lässt, mich so niederträchtig zu behandeln. Ich forderte meine Schrift zurück und werde sie nach Verdienst belohnen. Wie undankbar, schändlich ! Ich schrieb meinem Bruder, ging zur Keglevich, mit Lichtenstern (?) zu Kárner, wegen einem Grund zu Mariahilf. Neefe speiste da; ich bin ganz abgespannt. Nach Tische kamen Richart, Jeanettl und Hoffmann Joseph. Ich suchte Gesellschaft, war im Kärntnertor-Theater im Orchester, fand Hans, junge Lotti, die Grünthal, plauderte und so passierte der Abend. Ich hörte, der Motesiczky sei dagewesen, wie keck ! Wäre lange geblieben und käme wieder. Er will in ein Comptoir, ist aber überall ein Taugenichts.
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Regen, es wird nicht Tag; dies macht melancholisch. Im Burgtheater „Correggio“ von Oehlenschläger, von Weidmann in 4 Akten umgearbeitet; im Kärntnertor-Theater „Jeannot und Colin“, im Theater an der Wien „Clara von Montalban“. Früh zu Haus. Wegen Losen für meinen Bruder zu Scheiger, zum Uiberreiter wegen Kalender. Sie kränkelt schon lange am Blutgang, gab mir 2 Bände von Reissers Weltgeschichte. Zu Liebmann, Norbert Steiner soll von Grinzing zum Speisen kommen, kam wieder nicht; wir aßen allein, nichts wurde geredet. Nach Tisch kamen Richart, Dräxler. Ich erwartete den Grafen, zu ihm, zu Haus mit Richart bis 6 h, die CsekonicsJulia besuchte Therese. Abends ins Burgtheater, sah die gelungene Abkürzung des 5. Akts von Weidmann, welche das Publikum sehr gut aufnahm, und Koberwein enthusiastisch empfing. Mit ihm zum Wilden Mann, Schmidt, dann zu Schmirer, um 12 h nach Hause. Kurs 370 fl..
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Heiter, gefroren, etwas kotig. Im Burgtheater „Bräutigam wider Willlen“, „Wahn“, im Kärntnertor-Theater „Grenadier“, „Hochzeit auf dem Land“, im Theater an der Wien „Hund des Aubri“. Früh zum Grafen, zur Keglevich, Liebmann, wies dem Jahny 3000 fl., Reimann 2000 fl., Högler 1000 fl. an. Mittags mit Kárner und Ech bei Radl, brachte der Sepherl Radl ein blaues Merinotuch für 15 fl. Bei Therese speisten Elsler und die CsekonicsJulia. Nach Mittag kam die Baumgartner Nettl mit Bruder. Ich ging mit Högler zu Liebmann, hörte, dass Oberst Stein ankam, sprach Stockersheim und war bei Richart.
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Früh neblig. Im Burgtheater „Rodogüne“ mit Schröder, im Kärntnertor-Theater „Agnes Sorel“, im Theater an der Wien „Martinigänse“, „Kleine Diebin“ mit Kindern, von Horschelt. Zum Grafen, mit Vinzenz; große Debatte mit dem Vater wegen Zulage; bekam vom Grafen 3 Hasen, 2 Fasanen, samt Jungmann. Kaufte für die Roller ein orangefarbenes Merinotuch für 15 fl. und gab ihm noch Tabak. Weidmann, CsekonicsJulia und Elsler speisten da. Nach Mittag zu Hause, suchte Gesellschaft, dann ins Theater an der Wien, voll. Das Divertissement ist allerliebst. Therese war mit Richart bis 8 h bei Moser. Kurs 374 fl..
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Heiter, sehr windig. Im Burgtheater „Bestürmung von Smolensk“, Mlle. Resch als Feodorowna; im Kärntnertor-Theater „Jeannot und Colin“, im Theater an der Wien „Abgebranntes Haus“, 2. Teil. Früh zum Grafen, zur Gräfin und Keglevich gratulieren. Die Josephine zahlte ich und kaufte von Charles Bänder. Jungmann speiste mit uns einen Fasan. Nach Mittag zu Hause, Arrangement zur 3. optischen Vorstellung. Richart fing an, aufzurichten. Högler brachte die neuen Leuchter, Cappi die schönen gestickten Bilder auf Tusch-Manier. Die Gesellschaft war Wolfmayer mit Schönmann (?) von Ehz. Karl, CsekonicsJulie, Kabelka, Werlen, Fritz, Sohn, Lavotta, Artaria, Hummel und Moreau mit Familie, Hunglinger (?) Mutter, Tochter und Geliebter, Dräxler mit 3, Zichy, Nina mit Gassmann, Roller mit Frau, Neefe, Welker (?), Hitzinger, Joseph Hoffmann, Richart, Goldmann, Agnes. Wir blieben bis 11 h zusammen und hatten Würsteln und Hasenpastete.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).