Ein schöner Tag. Im Burgtheater „Liebhaber und Nebenbuhler“, im Theater an der Wien „Redlicher Landmann“. Den Vormittag beim Grafen. Mittags Promenade auf Graben und Kohlmarkt. Dräxler speiste bei uns samt Hoffmann Joseph. Die Motesiczky geborene Pongracz schrieb mir einen Brief voll Geschichten und Unwahrheiten, den ich aber gleich beantwortete. Nach Tisch kam Weidmann und diktierte Dräxler sein Gedicht „Kaiser Franz und der Reiter“, welches er eben dichtete. Abends suchte ich Gesellschaft, ging auf die Felder bei der Josephstädter Linie, aß Kalb beim Wirt Ranftl im Batzenhaus, sprach Arenberg. Bei Therese waren die Dräxler.
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Heiter, warm. im Burgtheater „Standesproben“, im Theater an der Wien zum 3. Mal „Harald“, dem Reimann gab ich 4 Billetts. Dräxler ordnet die Bibliothek, Roller und Schlosser stellen die Optik-Beleuchtung. Der Verwalter Spindler kam und erzählte von der Mutter des Motesiczky, ihrem Vorhaben etc. Dann zum Grafen und in die Porzellanfabrik mit Therese. Mittags speiste Nina da, nach Mittag zu Hause. Um 6 h mit Jungmann ins Theater an der Wien, auf die Glacis, zum Franzenstor. Therese ging zum neuen Tor hinein, wir über das Schanzel in den Prater, blieb in Compagnie.
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Trüb. Im Burgtheater „Hausdoktor“, im Kärntnertor-Theater „Aschenbrödel“. Heute soll Feuerwerk sein „Vulkans Reich“. Weber fängt heute seinen Balkon an. Ich schlief schlecht, Schnupfen und Husten plagten mich sehr. Um 8 h zum Grafen. Der Schlosser schickte mir sein Konto mit einem langen Geschmiere und lässt sagen, er lässt nichts abziehen. Der abscheuliche Mann ! Schloss den Akkord vor Zeugen und will sein Wort zurücknehmen ! Die Witwe Deutsch kam und nötigte mich, ihr die Pension bis Ende Dezember 1818 auszuzahlen. Um 1 h mit Jungmann, Richart, Frau und Therese in den Prater, nass, man war von Gelsen sehr gequält. Nach Mittag zum Wagner, tranken schlechten Kaffee, nahmen Gefrorens. Ich zahlte über 7 fl. Nach 6 h gingen Therese und Richart in die Stadt, ihre Billetts gaben wir der Susette Stockersheim und Schwester. Der Feuerwerksplatz füllte sich so ziemlich. Mühsam war das Hereingehen. In der Jägerzeil sind viele Schranken und keine Beleuchtung.
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Regen, abends heiter. Im Burgtheater zum 1. Male „Correggio“, dramat[isches] Gedicht in 5 Akten von Oehlenschläger, im Theater an der Wien „Parteienwut“. Früh kam schon Joseph Hoffmann und ordnete das Theater. Ich um 8 h zum Grafen, beantwortete des Simony Brief nach Simontornya. Bei Rumpelmayer war ich bis 2 h. Nach Mittag Konferenz mit Nagl, Bschaidner, Richart, Hoffmann Joseph kamen, später Dräxler. Um 6 h kaufte ich bei Artaria St. Helena, recht brav gezeichnet. Zum Adler, aß Salami, trank Bier. Dann ins Burgtheater, sehr voll. der 4. und 5. Akt langweilte mich. Koberwein als Correggio stirbt an Bluterbrechen, gefiel nicht. Kurs 340 fl., der Dukaten 16 fl. 46 x.
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Heiter, warm. In Burgtheater „Correggio“, im Theater an der Wien „Frau aus Krems“. Früh zum Grafen, er fuhr mit der Terzaghi zum Abschiedsdiner zum Brauer Reiner nach Schellenhof. Ich war mit Jahny und Nagl im Kärntnertor-Theater in des Grafen Loge. Diner in Döbling beim Rumpelmayer. Nach 4 h musste ich wegen Keglevich, welche ankam, in die Stadt, sprach mit ihr, dann nach Haus. Weber lässt seinen Gang breiter machen als der Akkord ist, wieder Verdruss ! Ich sprach mit Ullmann. Abends zu Dermer, Bastei, Burgtheater, mittelmäßig voll. Kam eine Weile in Compagnie, vor dem Haus fand ich Weber. Therese ließ den Balkon beleuchten.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).