Strenge Kälte, mittags heiter; es flossen die Dachtraufen. Im Burgtheater „Sucht zu glänzen“, im Kärntnertor-Theater Stöger in „Johann von Paris“, im Theater an der Wien „Pächter Robert“, Mlle. Gleich tritt auf, dann „Kleine Diebin“. Früh zum Grafen. Um 12 h mit Neefe zum Maler Höcker (?), sahen Blüchers Porträt in Lebensgrösse, zu seinen Füßen Napoleons Mantel, Hut und Degen: Es ist wirklich interessant, er hat es für den König gemalt. Diner bei Moser, ich besorgte einen Hechten von 10 Pfund, 1 Fasan und 6 Bouteillen weißen Wein. Bei ihr waren Stein, Frau, Hauptmann Baumgarten, Carl Sieber und Fanny. Bis 8 h war alles beisammen. Ich mit Sieber in die Stadt, welcher zu Ohms (?) auf den Ball ging; besuchte die neuerdings kranke Richart, welche sich schon seit 12 Stunden übergibt. Weil Kleiner in Schönau, ließ ich Pisling rufen.
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Strenge Kälte. Im Burgtheater „Peter und Paul“, dann „Mädchenlist“, im Kärntnertor-Theater „Lott[erie]los“, dann „Fest in Kisbér“, im Theater an der Wien „Gevatter Mathies“. Den Vormittag beim Grafen, besuchte Richart, welche wenig besser. Gestern erhielt ich Reimanns mein blaues Casimir-Gilet und von Hofrat Niedermayer ein schönes Schreibzeug mit Gold. Gewey und Elsler speisten da, nach Tische kamen Gittig und Huber blieb bis 6 h zu Hause, zu Dermer, ins Kärntnertor-Theater, auf die Wieden. Mit Jean soupierte ich in seinem Bierhaus. Um 9 h zum Ball beim Mondschein, Eintritt 2 fl. Jean schickte 4 Billetts, ich gab welche dem Dermer, Herzenskron und Richart. Es erschien eine eigene Bürgerklasse, mit eigenem Putz. Jean blieb mit Herz[enskron ?], ich fuhr um 11 h mit Richart nach Haus. Kurs 369 fl..
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Ein schöner Wintertag, dann stürmisch, trüb. Richart ist etwas besser, liegt aber. Im Burgtheater „Hagestolzen“, im Kärntnertor-Theater „Schweizer Familie“, im Theater an der Wien „Aschenbrödel“, Stöger als Prinz. Redoute Parée für die Gesellschaft der adeligen Frauen, Eintritt in Schuhen, 5 fl. Schon um 7 h zum Grafen, zum Fürsten Esterházy, welcher später zum Grafen kam. Zu Dermer, mittags allein, nach Mittag zu Hause. Moreau besuchte uns. Mussbrack (?) brachte mir 3178 fl. für die verkauften 29 Lose. Um 8 h war ich zu Hause, die Peck (?) Nanett war da. Ich arbeitete. In der Nacht Sturm. Kurs 366 fl..
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Trüb; ein Sturm mit Regen begleitet, wütet den ganzen Tag; das ist wirklich ein Pestwetter !. Im Burgtheater „Schachmaschine“, im Kärntnertor-Theater zum 1.Mal zur Einnahme der Seidler, geb. Wranitzky „Helene“, Oper in 3 Akten, Musik von Gyrowetz, Buch von Hoffmann, Dekor von Janitz und Pian. Im Theater an der Wien „Süsser Brei“. Früh zum Grafen, um 10 h mit Moreau und ihm in die Porzellanfabrik. Um 12 h sprach ich die Peter. Der Moreau Julie Namensfest feierte ihr Mann mit 12 Kaffeeschalen und einem Porzellanservice mit grünen Randeln. Dem Porz übergab ich für seinen Grafen Apponyi 43.500 fl.. Mittags allein, wegen schlechtem Wetter zu Haus. Nach Mittag kamen Richart, Stifft, Jungmann, Hoffmann, welche ich in die Loge engagierte. Zum Dermer, dann ins Kärntnertor-Theater. Kaufte Krapfen und passierte den Abend sehr angenehm. Die Oper machte kein großes Glück, dennoch wurde Gyrowetz vorgerufen, wozu Richart, Klier wesentlich beitrugen. Trupy (?) schrieb wegen 15 fl. Vinzenz erfreute mich mit einem interessanten Geschenk: er gab mir Joachim Murats Militärorden, von feinem Gold mit Adler und rot emallierter Stange. Graf Vinzenz erhielt diesen Orden von Murat im Jahre 1814 Sonntags am 6. März, in der Affäre von Reggio – jetzt des Herzogs von Modena – selbst, als er die Affäre kommandierte. Als ich ihm dafür dankte, gestand er mir, dass er die Fürstin Sophie Liechtenstein heirate, schön, 19 Jahre. Joachim Murat wurde am 13 Oktober 1815, Freitag, abends 6 h erschossen, zu Pizzo in Kalabrien, wo er mit 400 landete, um Aufruhr zu stiften; von General Nunziante, durch sein eigenes Kriegsgesetz verdammt. Frau und Kinder wohnen in Hainburg (?), in Fellners Schloss, welcher heute seine Zahlungen einstellte und sich für insolvent erklärte.
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Sturm, häufiger Schnee, tiefer Morast. In der Nacht war Donnerwetter mit Blitz. Das soll ein fruchtbares Jahr verkünden; das wäre zu wünschen. Im Burgtheater „Armer Poet“, „Seltene Audienz“, im Kärntnertor-Theater „Helene“, im Theater an der Wien „Hund des Aubri“. Früh zum Grafen. Der Graf war wieder wegen der Mariage des Vinzenz mit der ältesten Tochter des Fürsten Johann Liechtenstein zum Fürsten Esterházy in den Kaunitzgarten gefahren. Um 11 h sprach ich Herzenskron wegen einer Schuld der armen Vladár. Mittags allein, nach Mittag mit Richart zu Stein und dem Plattierer Mayerhofer. Der Sturz des Freiherrn Andreas von Fellner macht großes Aufsehen und soll auf Dietrich, Fink (?), Ritter (?) etc. großen Einfluss haben. Man spricht von 1½ Millionen Defizit. Abends bei Walnefer, kaufte einen Siegelring 6 ½ # schwer von No. 3 für 30 fl. Zwanziger, und gab ihm zum Steinl (?) zum Gravieren. Noch trauere ich um den Verlorenen. Carl [Kridl] hatte gestern sein Examen und wird Montag nach Marburg fahren, um da zu heiraten. Mit Stabl ging ich zum Grünen Baum soupieren. Kurs 365 fl., der Dukaten 17 fl. 9 x.
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Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).