Früh in Neuaigen, dann über Grafenwörth, einen Markt, nach Grafenegg. Früh sahen wir den Garten, welcher sehr verwildert und außer einer schönen Kastanienallee nicht Interessantes hat. Um 8 h fuhren wir, unter Begleitung des Verwalters Bayer und des Kastners Strenzl (?) weg von dem sumpfigen Neuaigen, wo sich öfter einmal die Donau ergiesst, das Wasser auch ins Schloss dringt. Um ½ 11 h waren wir in Grafenegg. Herzlich war des Nesinger und seines Sohnes Joseph Empfang. Wir wurden im Schlosse einquartiert; August und Gottlieb gingen mit Joseph herum, um etwas zu schießen, wir aber in den Garten, sahen das niedliche Theater mit einer Galerie, Parasol, den Platz, wo Hutschen und eine Kegelbahn waren, das nahe Dorf Haitzendorf, wo die Familiengruft der Grafen Breuner ist, und mehrere Partien des großen Gartens. Später sahen wir das Schloss, Kapelle, Speise- und Billardzimmer. Um 1 h speisten wir bei Nesinger vortrefflich; eine vermutliche Erkühlung machte mir Ungelegenheit. Nach Mittag wurde es stürmisch. Die jungen Leute versuchten ihr Glück auf der Jagd, und nur den beiden (?) gelang es, ein kleines Häschen zu schießen. Sie kamen bis Stratzdorf. Wir spielten Billard, ich schrieb mein Tagebuch. Abends besuchten wir den Oberamtmann Prager (?), sahen das Gefangenhaus, Schießstatt, Mühle, gingen mit Prager in den Park. Zum Souper bei Nesinger, wo Bischof getrunken [wurde].
Band 08 (VIII.), Seite 176r
7332
1817
8
27
Um 7 h früh von Grafenegg unter herzlichem Danken und Wünschen auf ein frohes Wiedersehen des braven Nesinger, über Stratzdorf, Krems und Stein. Vor Krems stiegen August, Gottlieb und ich aus und gingen dann fort die ganze Tour bis Baumgarten Außer Krems vor der Kaserne sahen wir das Monument, 1805 dem General Schmidt gesetzt, welches ein Sarkophag von Marmor ist mit einem Basrelief von weichem Metall; eine Trauerweide steht rückwärts. In Krems sahen wir schöne Häuser und Plätze, in Stein kaufte ich dem Martin eine elegante Peitsche. Nach 1½ Stunden passierten wir die große Donaubrücke, 20 x Maut, und kamen nach Mautern. An der Donaubrücke wird ein neues, ansehnliches Mauthaus errichtet und das alte eben abgebrochen. Dann wandten wir uns rechts von der Straße weg und besuchten den Wirtschaftsdirektor Matzi auf seinem schönen Hof in Baumgarten. Nach Mittag wollten wir das Stifft Göttweig sehen und weiter nach St. Pölten, aber Matzi und seine liebe, mollige Ehegesponsin empfingen uns so freundlich, dass wir den Tag bleiben mussten. Er zeigte uns sein Haus mit brillanten 10 Zimmern und einem Salon, seine Branntweinbrennerei von Erdäpfeln, mittels eines Dampfkessels, welche den erfahrenen, tief denkenden Ökonomen beweist. Ein fröhliches Mahl erquickte uns. Nach Mittag sahen wir den großen Keller auf 12.000 Eimer, im Kreuz gebaut, teils in den Felsen gehauen. Der nächste Gang war in den großen Obstgarten, mit der herrlichen Aussicht auf die drei Städtchen Mautern, Stein, dem ehemaligen Kapuzinerkloster, jetzt Militärspital Und, bis Krems, dann weiter bis Stockerau. Das Stifft Göttweig liegt majestätisch vor uns, links sieht man die alte Ruine von Dürnstein. Dann stiegen wir mit des Matzi Bruder auf die Anhöhen, bewunderten überall die schönen Aussichten, die Hoffnung einer reichlichen Weinlese. Matzi zeigte uns die Anlage eines Spargelbeetes. Der graue Tag heiterte sich aus und es wurde heiß. Wohlfahrt spielte mit Matzi, ich schrieb mein Tagebuch. Abends gingen wir spazieren, ein angenehmer Mondabend, dann machte es einen Wetterguss mit Sturm.
Band 08 (VIII.), Seite 176r
7333
1817
8
28
Augustin. Unserem guten Augustin machten wir einen herzlichen Glückwunsch, fuhren dann nach Göttweig, St. Pölten, Melk. Es war heute doch kühl. Um 6 h nahmen wir von Matzi und seiner dicken Frau Abschied, fuhren über Furth und stiegen am Fuß des Berges ab. Den Fußteig hinauf kamen wir nach einer halben Stunde zum Stift, Benediktiner wie die Melker. Ein Pater Constantin Sandner (?) führte uns in die Bibliothek, Naturalien-, Antiken-, Kupferstichkabinette, zeigte uns das schöne Refektorium, die prachtvolle Stiege, die Kirche, unter dem Sanktuarium noch eine gotische Kirche, die Apotheke und war sehr artig. Nach 9 h gingen wir den Fahrweg hinab, fuhren über Meidling im Tal, 12 x Maut, und waren nach 11 h in St. Pölten. Stiegen beim Löwen ab, sahen das von einem Priester gefertigte Leiden Christi, begegneten die Kronenfels, welche uns in der Stadt herumführte, die Plätze zeigte, das Damenstift, den Domplatz und Kirche, und uns sehr über das Kleinstädtische da klagte. Nach einem kleinen Mahl, wofür wir 16 fl. bezahlten, gingen August, Gottlieb und ich zu Fuß zum Ziegelofen, sahen den Kalvarienberg – nur 3 Kreuze – bemerkten links die Schallaburg des Barons Tinti, sehr schön gelegen und waren um 4 h in Melk. Der Prälat und Gastmeister Pallus (?) waren nicht zu Hause, da empfingen uns der Kellermeister Wilhelm, später der Professor der Mathematik und Naturlehre Cajetan, zeigten uns die schöne Bibliothek, Naturalienkabinette, den großen Speise- und Musiksaal, die prachtvolle Kirche mit den Statuen von Peter und Paul am Hochaltar, den Balkon gegen die Donau, sahen gegenüber Luberegg, ein kaiserliches Schloss, Parterre, schlecht im Bau, weiter aufwärts Weitenegg, die Brücke über die Melk, abwärts jenseits der Donau Emmersberg [sic], ganz im Hintergrund das Servitenkloster Landegg [sic]. Wir besuchten das Erziehungsinstitut, den Markt, umgingen das Stift von Seite der Donau und bewunderten das kolossale Werk, in 36 Jahren vom St. Pöltner Maurermeister Prandtauer erbaut, im Jahre 1718 vollendet. Abends plauderten wir beim Professor, gegen 8 h ging’s zum Souper im großen Speisesaal. Der Prälat empfing uns sehr artig. Graf Joseph Pergen, Wrbna, Langmayr, 3 Mädchen, in allem 20 Personen waren beim Souper, etwas steif. Wir wurden in No. 6 und 5 einlogiert.
Band 08 (VIII.), Seite 176v
7334
1817
8
29
Ein schöner, kühler Herbsttag. Um 6 h fuhren wir von Melk nach Wien. Der Gastmeister begleitete uns zum Wagen. Vor 9 h in St. Pölten, frühstückten und spielten Billard im Kaffeehaus am Domplatz, sahen den Leichenzug eines ganz kleinen Kindes des Bürgermeisters. Dann machten wir die Tour über die lange Traisenbrücke, zur kais[erlichen] Papiermühle, Gips- und Knoppernstampf, passierte-n Pottenbrunn – schönes Schloss des Grafen Pergen –, Perschling. Waren um ¾ auf 1 h in Abstetten beim Gasthaus an der Straße, aßen schlecht, tranken schwachen Kaffee und zahlten 22 fl. Von da nach Sieghartskirchen, um ½ 4 h in Ried, überall 12 x Maut, links ein Gut Weinzierl, dem Ehz. Ludwig gehörig. Bestiegen den Riederberg in einer halben Stunde, waren um 5 h in Purkersdorf und um ½ 7 h in Wien. Eilte nach Hause, hörte, dass Mericzay durch 3 Tage hier war, sehr unangenehm. Schrieb dem Grafen, dann einen Augenblick zu Wohlfarth und um 10 h ins Bett. Im Burgtheater „Standesproben“, im Kärntnertor-Theater „Wilhelm Tell“. Kurs 315 5/8 fl., der # 15 fl. 7 x.
Band 08 (VIII.), Seite 177r
7335
1817
8
30
Ein schöner Tag, nach Mittag trübte es sich. Im Burgtheater „Ersatz“, im Theater an der Wien „Aschenbrödel“, Spiri. Früh arbeitete ich zu Haus, zum Grafen in No. 373. Eckardt besuchte mich. Zu Mayr wegen Steuerstrafe, zu Dav[ria ?]. Mittags speisten Wohlfarth und Richart, schrieb an den Grafen, von Empörung in Breslau. Nach Mittag fuhren wir in den Garten, Roller, Tschepp und Reimann arrangierten manches. Das Zimmer des Hausmeisters wurde drapiert, mit Girlanden verziert, zum Feuerwerk alles hergerichtet, Verschiedenes an Speisen, Beleuchtung hinausgetragen. Ein paar Regengüsse hinderten uns an der großen Arbeit. Kurs [… ?, Wert fehlt].
Band 08 (VIII.), Seite 177r
Peter Prokop: Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum (ÖNB SN 194- 204) - eine Arbeitstransskription.
Die nachstehende Arbeitstransskription der in der Österreichischen Nationalbibliothek (Sammlung von Handschriften und Alten Drucken) in 11 Manuskriptbänden aufbewahrten Tagebücher des gräflich Esterházyschen Sekretärs Joseph Carl Rosenbaum (1757-1829) wurde vom Autor ursprünglich für private Zwecke als Findhilfe für architekturgeschichtliche Recherchen angefertigt, um das digitale Auffinden von Personen und Zusammenhängen zu erleichtern, die im Zusammenhang mit der Arbeit am „Architektenlexikon Wien 1770-1945“ relevant wurden. Es handelt sich demnach lediglich um eine Findhilfe, keineswegs aber um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition. Diesem Primärzweck entsprechend, weicht die Transskription vom Originaltext in folgenden Details ab:
Rosenbaums biedermeierliche Schreibweise wurde modernisiert, seine Syntax jedoch weitgehend beibehalten; seine nicht immer eindeutige Interpunktation (mittels Bindestrichen) jedoch durch die heute gebräuchliche ersetzt.
Innerhalb der einzelnen Tageseintragungen wurden die gelegentlich vorkommenden Wiederholungen ein und desselben Sachverhaltes zusammengezogen.
Die von Rosenbaum ausgeschriebenen Wochentagsnamen wurden weggelassen, da mit dem Datum des jeweiligen Tageseintrags redundant. Dieses wurde im Format Jahr / Monat / Tag wiedergegeben. Die Bezeichnungen von Feiertagen wurden beibehalten. •Die ab etwa 1816 stereotyp wiederkehrenden Notizen zum täglichen Wetter und zum jeweiligen Programm der Hoftheater und des Theaters an der Wien wurden an den Beginn des jeweiligen Tageseintrages gerückt.
Bei Personennamen, deren Schreibweise bei Rosenbaum nicht selten variiert, wurde eine einheitliche und möglichst dokumentarisch belegte Schreibweise angewendet.
Fragliche Lesungen von Personen-, Ortsnamen u. dgl. wurden durch nachgestellte Fragezeichen (?) gekennzeichnet, Rosenbaumsche Abkürzungen entweder ausgeschrieben oder ihre wahrscheinliche Ergänzung in eckige Klammern gesetzt. Abgesehen davon wurde auf möglichste inhaltliche Vollständigkeit der Textwiedergabe geachtet. Kleinere Auslassungen und Tippfehler sind bei einer manuellen Eingabe von rund 9 Millionen Zeichen trotz aller Sorgfalt nicht ganz auszuschließen. Wem aber mit der raschen Auffindbarkeit von Personen, Orten, Sachbegriffen etc. gedient ist, ist eingeladen, sich dieser Ressource zu bedienen.
Der Autor ersucht lediglich um Einhaltung der üblichen Zitierungsusancen (siehe obenstehender Titel oder abgekürzt, z B. in Fußnoten Datum des zitierten Eintrages, bzw. bei Einträgen ohne Datum mit Band und pagina).