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Früh um 6 h kam schon Kutschersfeld zu mir, neuen Verdruss gab es wieder. Der Mann kömmt nur immer, um mich zu quälen; er sagte, der Fürst werde gleich nach seiner Zurückkunft von dieser Reise eine zweite, längere Reise antreten und indessen würden große Veränderungen entstehen. Er stimmte mich ganz um und suchte meine Unruhe dadurch zu vermehren, dass er es sagte. Heute bestimmte ich, dem Gönner zu schreiben, ihm von allem Nachricht zu geben; überall Kränkungen, in häuslichen so wie in Familienangelegenheiten. Beinahe kann man es nicht mehr dulden, nirgends Ruhe, nirgends Aufheiterung. Bis 12 h arbeitete ich zu Hause; Cranz (?) kam, frühstückte bei mir; dann gab ich ihm Slivovitza. Meine liebe Mutter besuchte mich; ich begleitete sie in die Stadt. In der Kanzlei bei Klimbke war ich ein Weilchen, dann besuchte mich Klingmann, blieb da bis 1 h. Dann ging ich mit wahrem Widerwillen zum Speisen. Es waren keine unrichtigen Vorgefühle des Verdrusses; wirklich fing das so unausstehliche Weib wieder an, bei Tische boshafte Ausfälle spielen zu lassen. Nach Tische schrieb ich dem Gönner, schilderte ihm unsere Lage und bat ihn dringend, sich noch mehr unserer anzunehmen, da wir viel leiden müssten. Mit Therese hatte ich auch Verdruss und mit Nina noch weit mehr, als Mutter und Therese in den Segen gingen. Voll Verdruss schlenderte ich ins Wiedner Theater, um Mutter und Muhme da zu suchen, welche ich auch gleich fand. Man gab den „Wundermann am Rheinfall“ von Schikaneder, mit Musik von Seyfried. Alles höchst mittelmäßig, die Kleidung aber ist höchst elegant und die Dekoration manches niedlich; der Rheinfall aber und der Brand des Schlosses bis ins Lächerliche verfertigt. Ich sah Roose und Ascher, beide mit ihren Männern. Ich war äußerst missmutig und ging nach dem Theater gleich nach Hause.
Band 02 (II.), Seite 48v
30.10.1799
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