Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [7267]

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1817
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In Ma[ria]zell. Nach 6 h in die Kirche, ließen Messen lesen, ich mir 2 quittieren, kauften manches, hörten Messe in der Schatzkammer. Frühstückten und fuhren zum Erlaufsee, die ganze Breite bis zum Einfluss der Erlauf, von da zur Holzschwemm des Tobenz und des Kaisers. Stiegen beim Aufzug ab, wo von einem Wasserrad die Holzwagen auf und ab getrieben werden. Es sind mitten zwischen beiden Wägen, wovon einer oben, der andere unten ist, 480 Stufen hinab. Trotz der Gefahr, wenn ein Seil spränge, sind wir hinab – die Frau blieb oben –, dann auf einem Laden über den Schwemmkanal zum Rechen, wo jährlich 7000 Klafter Holz geschwemmt, dann auf Schlitten zum Urlaubskreuz geführt werden. Eine Wildnis, doch äußerst interessant. Der Erlaufsee mag eine Stunde im Umfange haben und hat nur kleine Hechten und Saiblinge von 3 Lot. Nach Mittag fuhren wir mit der Post nach Frein, schickten unsere Pferde voraus nach Mürzsteg und sahen das kaiserliche Gusswerk. Um 2 h fuhren wir weg und nach einer kleinen Stunde hatten wir die Sigismundikapelle – mitten auf dem Berg, von Tannen- und Lärchbäumen gebaut, und älter als die Kirche in Mariazell – passiert und kamen im k.k. Eisengusswerk an. Der Ober- und Unterverweser zeigten uns den Hochofen, sahen den Guss von Medaillen, Öfen und Kesseln. Mit dem Kreishauptmann von Judenburg kam der abgesetzte Prälat von St. Lambrecht, wohin Zell gehört, und sahen mit uns die Manipulation. Eben wurden auch 18-pfündige Kanonen gegossen. Nachdem wir manches gekauft hatten, fuhren wir durch schauerliche wilde Gegenden, an Wasserfällen und Felsen, bei Köhlerhütten und Kohlbränden vorbei, passierten hohe Gebirge. Jede einzelne Gegend hat schauerlich schöne Partien. Um 7 h kamen wir mit der Post – wofür wir 16 fl. zahlten – im Tal Frein an. Eine kleine Kirche samt Pfarrerswohnung – der Pfarrer war in Zell – und eine Hütte als Wirtshaus war alles, was wir fanden. Wir machten uns auf den Weg zum Wasserfall beim Einsiedler, oder das Tote Weib genannt, weil auf dem Becken des Falles ein totes Weib gefunden worden sein soll. Der Weg dahin führt über Felsen, schlechte Stege und Brücken auf schlechten Stützen an Felsen gelehnt, dann 8 Brücken über den Mürzbach gespannt. Dies macht den Weg von einer halben Stunde ebenso beschwerlich als gefährlich als. Ich konnte den Mut und die Ausdauer der guten Wohlfarth nur bewundern, denn selbst den gefasstesten Mann ergreift Schaudern. Mit Entsetzen und Bewunderung stand ich vor dem ungeheuren Werk der Natur auf einer Brücke, unter mir ein tiefer Abgrund mit 2 Klafter tiefem Wasserstrom. Oben, vielleicht 20 Klafter hoch, stürzt mit wildem Gebraus aus einem Felsen das Wasser heraus und macht 2 kleinere Fälle, schauerlich und furchtbar. Mitten auf einem Felsen ist ein Kreuz, links an einem Felsen eine Einsiedlerhütte mit einem Türmchen, vor dem Fall Tisch und Bänke, gegenüber eine ungeheure Felsenwand, welche man ohne Entsetzen nicht ansehen kann. Hier führt der Weg nach Mürzsteg vorbei. Ein blinder Greis von 83, welcher mit seiner dürftigen Lage sehr zufrieden ist, hat seine Hütte gegenüber von unserer. Das Elend und Mangel der Kohlenbauern übersteigt alle Begriffe. Wir aßen Suppe von altem Huhn und Forellen. Die Wirtin war allein, der Mann auf dem Annaberg ein Pferd kaufen. Weil im Zimmer nur 2 Betten waren, legte ich mich auf die Erde auf’s Stroh und wurde sehr von Flöhen gequält. Ich konnte wenig schlafen. Wir hatten wenig und mussten 16 fl. bezahlen.
Band 08 (VIII.), Seite 164v
23.06.1817
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