Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [6737]

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1816
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Trüb, Tauwetter, es schwimmt. Im Burgtheater „Falsche Vertraulichkeiten“, im Kärntnertor-Theater „Witwer“, „Ländl[iche] Hochzeit“, im Theater an der Wien „Hans in Wien“. Früh zum Grafen, mit Gittig beschäftigt. Mit ihm um 10 h zu H[erschel] Biedermanns Begräbnis. Wir kamen gerade im Zuge vom Kirchhof und fuhren den meisten Wägen vor. Der Leichnam lag nackt in einer ungehobelten Truhe, nur in ein Leichentuch gewickelt. Als die Juden, es waren mehr als 130 (?) Wägen, in der Totenkammer versammelt waren, drängten und zankten sich alle, wer ihm am nächsten wäre und waschen dürfte. Dies dauerte unter Gebeten eine lange halbe Stunde. Dann wurde er in die Sterbekleider gehüllt und wieder in die Truhe gelegt. Dann hielt der Rabbiner eine Lobrede und beide Söhne erschienen. Sie mussten den Vater um Vergebung bitten und geloben, brav zu werden. Die Kleider wurden ihnen und den Verwandten aufgeschnitten, ein Fleck herausgerissen; so müssen sie 8 Tage auf der der Erde sitzen, alle Besuche empfangen. Dann hielt der Vetter (?), ein alter Jude mit einem langen Bart ein schreckliches Lamento und wollte gar nicht aufhören. Endlich wurde ein schwarzes Tuch über den Sarg gebreitet, von den Verwandten unter Gebeten zur Grube gebracht, von selben hinabgelassen und von jedem, auch von mir, 3 Schaufeln Erde hinabgeworfen, dann beide Söhne gesegnet. Die ganze Funktion dauerte 2 Stunden. Zu Hause fand ich Nina, gab der Frau 20 fl. für das Gilet mit dem Zettel, dass ich ein undankbares Weib verachte. Nach Tisch kamen Stifft, Richart, Joseph Hoffmann. Effenrath brachte mein Porträt von Hummel, ein sehr gelungenes, vollendetes Werk, welches alle vortrefflich fanden. Nach Mittag zu Haus, arbeitete, beantwortete Stessels Brief, zum Dermer. Kridl Carl macht seine Examen. Dann ins Burgtheater; nachher fand ich einen Augenblick Compagnie.
Band 08 (VIII.), Seite 86r
10.01.1816
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