|
5423
1812
6
7
In Pest. Staub und Hitze martern den Menschen sehr. Großer Markt. Im neuen Theater, von Amann elend gebaut, „Sargino“, die Fischer tritt auf, Exner als Sargino. In Ofen „Verwandtschaften“. Im Pester ehemaligen deutschen Theater ein ungarisches National-Stück. Mein erster Gang war in die Serviten- und in die evangelische Kirche. Letztere gefiel mir recht sehr, sie ist groß und mit edlem Geschmack gebaut und verziert. Vom Marktplatz sah ich die Kaserne, nun Invalidenhaus. Da begegnete ich Tuczek mit seinen Kindern, eine mir sehr willkommene Erscheinung. Er war so gefällig, gleich mein Führer zu sein. Er führte mich in der Stadt herum, fanden am Fenster bei Bodor die Fischer mit Czibulka geb. Menner, Nagy, Offenheimer, besuchten die galante Messe in der schönen Pfarrkirche, sahen an der Donau links das neue Theater, rechts das Kremnitzerische (?), dann auf dem Platz das Urményische Haus. Sprach Baron Lang (?), sah das Salzamt, dann allein zum Speisen ins „Paradies“, teuer, trank eine Schale Kaffee um 4 fl BZ, aber schlecht. Um 3 h holte mich Tuczek wieder ab, wir schlichen in das alte Theater, welches ganz rund und eine türkische Bastion war. Schlechteres lässt sich nicht denken, alles wetteifert, mir etwas besonders Elendes zu zeigen. Ich stieg alles aus; es hat ein Parterre, ganz herum Parterre und im 1. Stock Logen, kleine Fallen, von Brettern ohne Bekleidung zusammengeschlagen, und eine 2. Galerie. Die Bühne ist kleiner und schlechter als die des ehemaligen Josephstädter Theaters. Dies war Ungarns Hauptstadt einziges Theater ! Dann sahen wir in der Nähe an der Donau die imposante schöne griechische Kirche, besuchten einen Advokaten, der Literat (?) und sehr ein artiger Mann ist. Nach 4 h fuhren wir in den Orczy-Garten, Stadtwalderl, zum ungeheuren josephinischen Gebäu, welches ein Achteck mit 4 Eckflügeln und dessen Bestimmung noch heute niemand weiß. Das Hauptgebäude hat 3, die Flügeln 3 Stöcke. Passierten die Marktplätze, fanden, dass alles im Preise fällt, dass wegen Mangel an Geld keine Käufer sind und Handel und Wandel stockt. Wir stiegen auf dem Kohlmarkt beim Hüttentheater ab, sahen Kasperls Lazzi, die verwelkte erste Liebhaberin und eine andere Künstlerin, welche als Türk ihr Unwesen trieb. Den Orczy-Garten fanden wir ganz leer, schöne Anlage, tranken aus dem griechischen Elias-Brunnen, die Teiche, Eremitage, sind angenehme Partien. Das Stadtwaldel ist im Werden, wird seit Jahren erst besucht, ein bequemes Gasthaus mit Salon, noch nicht ganz fertig, ein doppeltes Karussell, eine klein e Insel, um welche eine Wasserfahrt, ein anderes Wirtshaus, Kegelbahn, Schaukeln dienen den Pestern zu Unterkunft, Erholung und Vergnügen. An der Straße sind rechts und links Landhäuschen und Weingärten der Pester Bürger. Dann eilten wir dem neuen Theater zu. Tuczek führte uns zuerst auf die Bühne, fand Holletschek (?), seine Frau – gewesene Dellalena (?), sie wechselte die Abonnementbilletts aus – die Umlauf Lisi, welche den Sänger Hölzl zum Mann hat, in üblen Umständen ist, hörte, dass Pankowsky (?) säuft, spielt und die arme Babette in übelster Lage, einer Bettlerin gleich lebt, dass Platzer mit seiner Frau Sternstein voll Schulden ist und bei den meisten Unzufriedenheit herrscht. Ich ging ins Parterre, alle Galerien, wohin 4 Stiegen führen, jene in die 3. und 4. Galerie glaubt man gar nicht zu erreichen. Der Saal ist unmäßig hoch, die Logen schmal, hoch, weiß gespritzt und rund verschalt. Man sieht und hört auch von der Galerie schlecht. Rückwärts ist die Palatinsloge, von außen mit rotem Samt tapeziert, mit einem großen Nebenzimmer. Mit halben Kosten, Raum könnte es zweckmäßiger gebaut [sein]. Das Ganze hat weder Licht noch Luft. Die Vorhalle reicht durch zwei Stöcke, ist groß und das Beste, die Fassade kleinlich und geschmacklos. Die Bühne ist so breit, dass selbe stets finster bleibt. Die Aufführung der Oper gelang und die Fischer wurde nach dem ersten Akte und am Schlusse vorgerufen und sprach: „Ihr Beifall ist mein größter Stolz“. Während der Oper besuchte ich auch das ungarische Schauspiel, fand selbes gut spielen, nur musste die Rohheit des Publikums auffallen. Im Parterre behielten die meisten ohne Rücksicht ihre Hüte auf, sie saßen auf den Parapets der Logen, zogen sich aus, lehnten sich ganz hervor und betrugen sich äußerst gemein und ungebildet. Bei der Schiffbrücke sah ich die Mauthäuser auf Säulen, wovon jenes links eine Rosoglio-Boutique ist, schlich auf der Promenade herum und sah die vis-á-vis liegende Raizenstadt von Ofen, königliches Schloss, Theater, Sándor’sches Haus usw. Beim 2. Akt war ich bis zum Schluss im Parterre, dann zum „Weißen Schiff“ mit Gittig, Persanter, einem hübschen Mädchen aus Arad und dem Wirt Trost von Nessmühl soupieren. Um 11 h auf den Ball zu den „Sieben Kurfürsten“, ein langer Saal mit Galerie, alt und geschmacklos gemalen, mit ein paar Nebenzimmern, der schönste Saal, in welchem auch die Redouten gegeben werden. Da fand ich den Kaufmann und Seidenfabrikanten Fries, der mir nicht von der Seite ging. Hübsche Mädchen fanden sich ein, meistens aber nur Gesellen (Freudenmädchen). In der Ruhestunde um 12 h spielte der Zigeuner Biháry mit seinen 3 Gesellen Ungarisch und Deutsch, sehr brav. Nach 1 h zu Haus, sehr finstere Nacht, räumten zusammen. Gegen 3 h fing es zu grauen an und wir machten uns auf den Weg. Abwechselnd etwas Regen milderte den Staub und so endigte sich „ein Tag in Ofen und Pest“.
Band 07 (VII.), Seite 103r
07.06.1812
|