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Kalt und Schnee. Gestern fiel ich und zersprengte mir am Knie das Beinkleid; da war ich so klug und ließ mir gleich durch die Sepherl Patschen kaufen. Fleißig arbeitete ich von 6 bis 12 h, ging zu Klimbke, dann zum Grafen, dann Speisen. Mama kaufte mir heute Barchent zu Nachtleiberln, wofür ich ihr dankte. Um 5 h ging ich ins Kärntnertor-Theater, man gab zum ersten Mal „Johanna von Montfaucon“, ein romantisches Sittengemälde in 5 Aufzügen von Kotzebue, ein rührendes Stück voll Spektakel, wofür Platzer drei neue, sehr schöne Dekorationen malte. Das Stück gefiel außerordentlich, nur wurden die Gefechte schlecht ausgeführt und verdunkelten in etwa den Wert des Spektakels. Am Ende wurden sehr verdient Koch und Roose vorgerufen. Durch einen Zufall erschien Kotzebue in Brauns Loge. Das dankbare Publikum empfing ihn mit dreimal wiederholten, einstimmigen Bravo-Rufen und Klatschen. Er verneigte sich mit aller Achtung und entfernte sich aus der Loge. Ich machte mich nach Hause, las und warf mich mit innigem Vergnügen über Kotzebues Erscheinung in Morpheus' Arme. In der Nacht warf es wieder einen großen Schnee und die Kälte ließ sehr nach.
Band 02 (II.), Seite 4v
25.01.1799
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