Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4500]

4500
1809
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Neblig, düster. Im Burgtheater „Tag der Erlösung“, im Kärntnertor-Theater „Sargines“, im Theater an der Wien das elende Machwerk „Jakob und Käthchen“ Früh in unser Haus wegen Absendung der Bagage des Louis, zum Buchbinder, zur Rodler, um mit ihr wegen der 100 fl. zu reden, dann in Czaczeks Gesellschaft. Mittags allein. Geissler fuhr heute ins Spital, die Ärmste; ich besorge sehr, dass der dumme Corda sie schlecht behandelt. Der Rodler gab ich die Bancozettel-Lose und im ganzen 1200 fl. bis zum 1. Jänner. Schluderpacher (?) gab als Pfand den Ring. Nach Mittag wurde angeschlagen, dass heute noch der Kaiser komme. Alles richtet sich zu einer Illumination. Nach Mittag kam die Jeanettl, Rhode (sic !), ich schrieb an den Grafen. Therese richtete zur Illumination unsere Leuchter. Beide Goldmann kamen, sie gingen zur Hocheder, ich zur Josephine und Rösgen.Um ½ 5 h, eben als ich den Brief an den Grafen siegelte, entstand ein Vivat-Schreien. Ich verließ mein Pult und stürzte in die Burg. Da kam der Kaiser mit Wöber in einem offenen Kalesch mit 6 Postpferden gefahren, in ungarischer Generalsuniform mit dem Tschako. Das einstimmigste Vivat erscholl aus jedem Munde. Im Schweizerhofe stieg er ab, da wurde er von dem Volke beinahe über die Stiege getragen. Bald erschien er an dem Fenster ober dem Bastei-Tor, grüßte das Volk mit Kopf und Händen, blieb lange, und das rührendste Vivat erscholl von allen Lippen. Abends wurden Stadt und Vorstädte freiwillig illuminiert. Der Kaiser fuhr von Kavallerie und Grenadieren der Bürger und Fackeln begleitet durch die ganze Stadt. In allen Menschen war die herzlichste Stimmung. Bei uns waren die Hofrat Stöger, mit 5 Mädchen, dann beide Goldmann, die Therese mit der Optik unterhielt und die wir nach Hause begleiteten, und dann trotz dem Morast die ganze Stadt durchschlenderten. Der Hörr hatte an einem Fenster „Von Herzen, ohne Zwang“. Gegen 9 h zum Brandl wegen wohlfeilem Kaffee, sprach Henriette, die mit Schluderpacher (?) nach Hause kam, Parisot, Seitz, Mayer von der Wien. Ganz ermüdet ging ich um 10 h nach Haus. Um 1 h nachts zogen noch Musiken durch die Stadt und das Lied „Gott erhalte Franz den Kaiser !“ wurde auf dem Graben unter Abfeuerung von Böllern gesungen. Auf der Glacis, beim bürgerlichen Schießtand und an den Linien wurde aus Kanonen, Böllern, kleinen Stücken und Gewehren aller Art bis 4 h früh gefeuert. Das Entzücken und die Freude der Menschen war grenzenlos. Nie sah ich eine herzlichere Stimmung.
Band 06 (VI.), Seite 255r
27.11.1809
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