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1809
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Ein schöner Tag. Reise nach der Lobau, Deutsch Wagram, Essling, Aspern. Nach ½ 7 h holten mich Ullmann, Rebhann (?) und Wellesiny (?) ab und fuhren über Simmering, Ebersdorf nach der Lobau. Passierten die Brücken, deren 3 nebeneinander waren, nämlich eine aufwärts, die zerstört und nicht mehr fahrbar ist, dann die sehr leicht geschlagene und rot angestrichene, endlich eine gewöhnliche Schiffbrücke, zu Fuß, und den größten Teil der Lobau. Besuchten rechts das Jägerhaus, welches ganz ausgeplündert, die Stadeln zerstört sind und kamen über 3 Brücken an das jenseitige Ufer, wo wir noch Verhau, am äußersten Ende aber etwas stehendes Gehölz fanden. Unsere erste Exkursion war nach Stadtl Enzersdorf. Das Tor gegen die Donau ist noch verrammelt und in der Stadtmauer sind Schusslöcher ausgebrochen, mehrere 20 Häuser sind abgebrannt und die meisten beschädigt. Wir sprachen mit einem Sattler gleich rechts am Anfang, der uns die Leidensgeschichte erzählte und unsere Dummheiten schilderte. Die Kirche ist geplündert und hat mehrere Schusslöcher. Von da ging’s nach Raasdorf und Deutsch Wagram. Im ersten Ort lagen Montur- und Armaturstücke aller Art in staunenswürdiger Menge; auf dem ganzen Weg fanden sich viele. In Deutsch Wagram, wo Carls Hauptquartier durch 6 Wochen und 3 Tage war – er wohnte im Margottischen Haus und Bellegarde beim Pfarrer – gingen wir zum Pfarrer, der eben eine Leiche hatte, aßen bei ihm unseren Schlegel, Zunge, Käse, tranken unseren guten Wein und ließen uns die Großtaten unserer Generale erzählen. Die Kirche ist ganz geplündert, alles mutwillig zerstört, alles Vergrabene wurde gefunden; er hat nur einen Rock, liegt auf einem Strohsack und in einem Seitlglas zelebriert er das Messopfer. Von 400 Seelen des Ortes sterben, weil sie Mangel an Nahrung haben, und so viele in den Häusern beieinander stecken, täglich 2- 3 Menschen. Unsere Generäle aßen und tranken während der Schlacht, und Bellegarde saß am Tage der Schlacht bis nach 3 h an der Tafel und rückte nicht eher aus, bis nicht der Genie-Offizier vom Turme herab rief, dass die Alarmstange brenne. Der Kaiser war in Wolkersdorf Gärtner, heindelte fleißig, war einmal im Hauptquartier, und Carl spielte fleißig Klavier, welches in Stücken zertrümmert lag. Wir waren in den Zimmern des Carl, sie sind von Kanonenkugeln durchlöchert. Nach dem Essen sahen wir unser noch stehendes Lager und den abgebrannten Wetzlarschen Schafflerhof. Im Hofe fanden wir noch 2 halb verfaulte Kadaver. Nach dem Abschied von dem Herrn Pfarrer und den Fräule Nanett Demuth, welche wir mit Wein und Kalbsbraten restaurierten, fuhren wir über das Schlachtfeld nach Essling, sahen zuerst den Speicher, der gleich einer Festung dasteht, ganz zerschossen, durch die Mauern Schusslöcher hat, und der Eingang mit Palisaden besetzt ist. Wir stiegen durch die Stöck hinauf, und fanden überall von den Franzosen dies benützt, und wir hätten viel leichter tun können. Nur am Ende des Dorfs steht das Wirtshaus, alles ist abgebrannt, samt dem Fußboden. Ich war im Herrschaftshaus, der Kirche, welche ganz eingeschossen und ohne Gewölbe ist. Am meisten litt der Flialpfarrer von Aderklaa. Da ist alles verbrannt, die Kirche hat sogar Stücke der Seitenmauern eingestürzt. Von Essling ging’s nach Aspern, welches zehnmal behauptet und wieder verloren wurde, wo wirklich jedes Haus eine Festung war und von allen 4 Seiten Schusslöcher hat. Kein Haus hat ein Dach oder Boden; die Einwohner stecken in Löchern mit Stroh nur so hineingeworfen, 20 - 30 beisammen und sammeln mit unsäglicher Mühe die letzten traurigen Überreste ihrer zertretenen und verwüsteten Ernte. Wir lagerten uns beim Kirchhofe, wo die Hauptfestung war, welche Mauern Unsere von der Seite gegen Stadlau her mit Sturm einnahmen und niederrissen, wobei Tausende fielen. Wir jausneten und erquickten einen Inwohner, der uns jene 2 Tage der Gefahr um Pfingsten erzählte, in welchen der ganze Ort im Keller des Haimbrunner (?), Jägers und Wirtshauses steckte und fast verschmachtete. Auf dem Wege nach Stadlau fanden wir noch von unseren ungarischen Soldaten 4 Leichname in einer verzweiflungsvollen Stellung; die Raben haben alles Ingeweide aufgefressen, die Haut über den Rippen war noch und rauschte, als man mit dem Stock darauf schlug. Von Stadlau, nachdem ich 6 Kugeln und eine Haubitze vom Schlachtfeld mitnahm, fuhren wir ins Lager auf den Spitz, durchgingen selbes, und sahen noch die Pyramide, welche am Napoleonsfeste illuminiert wurde. Wir fanden die Hütten mit Stroh gedeckt, die Seiten geweissnet, angestrichen, manche mit Betten, Tischen und Kästen eingerichtet, Alleen und vor manchen Lauben, wo man von der Sonne geschützt sitzen kann. Das Lager mag 10.000 Mann stark sein, ist aber bloß Infanterie. Außer dem Lager sind Schanzen, welche bis auf Stammersdorf reichen, und eine selbe ist schon der Ort Floridsdorf zur Hälfte, und sind Schanzen und Gräben mit 2 Reihen aufgepflanzt, die beinahe unüberwindlich sind. In allen Gräben ist Wasser eingelassen. Solcher Schanzen sind 3 Reihen, dann erst bei jeder der 3 Brücken sind wieder mit Palisaden besetzte Brückenköpfe. An der Schlagung der Brücke wird eben gearbeitet, darum die Passage äußerst langsam und fatal ist. Um 8 h kamen wir zurück. Bei uns war die Hocheder mit Goldmann, Ich erzählte ihnen unsere Reise und begleitete sie wieder nach Hause.
Band 06 (VI.), Seite 243r
02.09.1809
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