Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4350]

4350
1809
6
30
Früh zum Justinus wegen unserem Keller, dann fragte ich, wie es wegen Charles, geheimen Polizeidirektor und Adjutanten des Rovigo. Seine Antwort war, ich sei denunziert, gestern Vormittag mit 3 anderen auf dem Graben sehr eifrig und geheimnisvoll gesprochen zu haben. Schändlich, Lüge ! Ich war so beleidigt, mein Inneres empörte sich. Wer ist sicher, wenn eifriges Reden ohne gesetzwidrigen Zweck schon als Verbrechen gedeutet wird ! Ich ging ganz gebeugt herum, kam von einem Haus ins andere, kann nichts tun. War beim Fürsten, Theaterkasse, in Geisslers Gesellschaft, wohin auch Peter kam. Mittags war Brandl unser Gast. Gestern Nacht machte Weber wieder einen tollen Streich aus Eifersucht mit dem französischen Offizier und stürmte um 11 h noch ins Brandlische Haus. Ich musste wieder alles ausgleichen; lauter Odiosa ! Nach Mittag zum Justinus, sprach mit Fink, der mir Miskos Furcht schilderte, die ich ihm auch verwies, ohne ihn mehr zu etwas zu bereden. Heute erzählte mir Piller (?). dass auf Befehl Napoleons anstatt des von uns 2 Stunden über Bayreuth genommenen, und vom Ulanen-Oberleutnant Mühlenfeld (?) eingeholten französischen Generalintendanten Tournon, welcher für unsern Triester und nach Fenestrelles geschickten Gouverneur Grafen Goes (?) nach der Festung Munkacs als Geisel abgeführt haben, den sehr bekannten, bei mehreren Friedensschlüssen gewesenen Staatssekretär Friedrich Hoppe (?) – er war bei Cobenzl beim Pressburger Frieden – als Geisel genommen und nach München gebracht zu werden bestimmt haben. Seine Frau – sie ist eine geborene Baron von Kreffe (?) – erbat, dass er hier bleiben kann. Er hat zwei Mann Wache im Zimmer. Therese zählte ihre Conventionsmünze, ich rangierte meine Kasse. Abends auf die Bastei. Zwischen 7 und 8 h wurde stark kanoniert. Im Burgtheater „Das Blatt hat sich gewendet“; die Goldmann spielte seit 3 Monaten wieder zum ersten Mal. Im Kärntnertor-Theater „Waisenhaus“, im Theater an der Wien „Urlaub“, „Harlekin auf den Alpen“. In der Lobau bewirkte Masséna, Herzog von Rivoli, mit 3 Divisionen, mehreren 30.000 Mann, zwischen 6 und 8 h abends einen Übergang. Das Ganze geschah ohne Widerstand von unserer Seite und man hörte wenig kanonieren.
Band 06 (VI.), Seite 233r
30.06.1809
Copyright © 2025 Heraldisch-Genealogische Gesellschaft "ADLER", Wien. All Rights Reserved. Austria-1095 Wien, Postfach 7, Universitätsstraße 6/9b