Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4343]

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1809
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Heiter, kühl. Im Burgtheater „Unvermählte“, im Kärntnertor-Theater „Savoyarden“ und „Weinlese“, im Theater an der Wien „Titus“ Früh schrieb ich meiner Mutter, rangierte meine Schriften, Bücher, unterhielt mich mit Ungarns Karte, sandte den Plan der Schlacht von Essling an Stessel. War in unserem und im fürstlichen Haus, bei Rohrweck und in der Theaterkasse. Therese gab ihre Lektionen. Mittags allein, nach Tische engagierte Therese die Goldmann, um auf der Bastei den für das Publikum offenen Erdödy’ schen Garten zu besuchen. Vormittag suchte mich der Zuckerbäcker und sagte, dass ein französischer Commissaire hier sei, um des Grafen Keller zu konskribieren. Ich war sehr betroffen. Es kam richtig der Kriegskommissär Doillenot (?) – wohnt auf dem Petersplatz No. 651 im 2. Stock – mit noch einem und begleitet von jemandem von der Regierung, konskribierten den Keller nur obenhin und versiegelten die Türen. Nun sind wir übel daran. Nach Mittag ging ich zu Offenheimer, suchte Czernin, Jos[eph] Pálffy, Wurmbrand und Kernmayer (?) zu sprechen. Alle sagten mir, dies geschah auf ausdrücklichen Befehl Napoleons, weil die Weine im Hofkeller enden, um einen Vorrat für die Kranken zu haben. Mehrere 40 Keller, worunter jene der emigrierten Cavaliers, der Stifte und Klöster begriffen sind, wurden konskribiert und versiegelt. Ich sagte dem Commissaire, dass ich und niemand es denken kann, dass nach den 1. Punkt der Kapitulation, Sicherheit der Person und des Eigentums, welches er auch in seiner Proklamation bestätigte, so gerade brechen sollte. Er widersprach dies feierlich. Abends besuchte uns die Hauptmannswitwe Pehaker (?). Ich ging auf die Bastei. Es wurde kühl, regnete abwechselnd, und doch war es ziemlich voll. Später mit Huber in beide Theater, dann nach Haus.
Band 06 (VI.), Seite 231r
23.06.1809
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