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1809
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Ein kalter, melancholischer Tag. In unserer traurigen Lage, in der so ungewissen Zukunft, beruhigt uns der gegenseitige Besitz und ich finde Trost in der herzlichen Teilnahme meines braven Weibes, dessen Besitz mich seit 9 Jahren zum glücklichen zufriedenen Manne schuf. Mit herzlichen Küssen freuten wir uns beim Erwachen des 9jährigen Beieinanderseins. Therese ließ mir heimlich 6 Unterzieh-Beinkleider machen und ich erfreute sie mit den 16 Ellen schwarzen Atlas. Diese Aufmerksamkeit schuf beiden einiges Vergnügen. Wie beschlossen, den Tag zusammen zu sein. Im Kärntnertor-Theater „Die Komödie aus dem Stegreif - L’ Impromptu théâtral“, dann „Achille sur l’ Île de Scyros“, im Theater an der Wien „Le Jugement de Salomon“. Am Vormittag schrieb ich zu Haus, sprach Filath, schlenderte herum auf Graben und Kohlmarkt. Beorderte den Aloys, um nach Tische von Peter die Spritzkrapfen abzuholen, erinnerte den Obermayer, auf das Ananas-Gefrorene nicht zu vergessen. Mittags allein. Therese war angenehm überrascht mit den Spritzkrapfen und Gefrorenem, ließ sich beides gut schmecken. Am Vormittag war ich auch bei Huber in der Kasse, welcher mir den gestrigen Exzess im Kärntnertor-Theater erzählte. Gegen 8 h wollten 2 französische Garde-Kürassiers auf’s Theater; die Grenadiere des 2. Regiments verwiesen sie auf das Verbot des Freiherrn und Platzkommandanten Divisionsgeneral LeCamus (?) Diese Teufel (?) spuckten sie an, drängten mit Gewalt durch, zogen die Säbel und suchten die Mädchen in ihren Ankleidezimmern auf. Es kamen die Bürger der ganzen Wache zusammen, 36 Mann, mehrere französische Offiziere und Gemeine. Alle zogen gegen die Bürger das Gewehr. Nun kamen auch mehrere 100 vom Publikum und der Lärm wurde allgemein. Der ganze Spitalplatz war gedrängt von Menschen, die Franzosen hauten herum und verwundeten einige Bürger. Nun kam mit dem Platzmajor das französische Kavallerie- und Infanteriepiquet, stellte sich auf dem Platz auf, lud scharf. Der Major suchte, Ruhe im Publikum herstellen zu können, versicherte, die beiden Störer zu kennen und der Bürgerschaft Genugtuung zu verschaffen. So wurde nach einer Stunde wieder Ruhe und die beiden Garden zogen unter französischer Eskorte ab. Mittags mit dem jungen Huber und noch 2 jungen Leuten in das Militärspital, wo 180 Franzosen sind und von unseren Kriegsgefangenen gewartet werden. Ein gewisser Scheder (?) war als Wein-Kommissar (?) da, auch fand ich den Koch Szelina (?). Wir sahen die Kirche, Krankensäle, Küche, Keller, Vorratskammern, kosteten Wein und Brot und fuhren dann wieder in die Stadt. Den Kridl besuchte ich und brachte ihm den Logenschlüssel. Nach Mittag mit Goldmann und Aloys zum Schanzel. Von da bis Nussdorf stehen ungefähr 100 neue Flösse, noch werden immer neue verfertigt. Auf jedem steht ein großer Mühlstein mit Kette und Seil, zum Herablassen auf den Grund und Befestigung des Flosses. Der Erfolg wird nicht entsprechen. Von da zum Peter, mit ihm zur abgebrannten Franzens- und vom Stoß zerstörten Rasumofsky-Brücke, dann durch den Prater, wo ein kleines Lager, auch Hütten von gestohlenen Türen und Wänden zusammengemacht sind. Bei den ganz verschlagenen (?) Kaffeehäusern, wo alle Tische, Bänke und Stühle weggetragen und verbrannt wurden, zu den Wirtshäusern und Ringelspielen, wo man nur Gesindel, wenig gebildete Menschen fand. Zuletzt spazierten wir in das Gärtchen der Kaiserin, welches ganz offen und durch den Verhau sehr verdorben ist, und bedauerten, die schöne Lage so zerstört zu sehen. Nach 7 h wieder zu Peter, fanden die Czacek mit der Baumer (?), Jungmann. Zusammen nach 8 h in die Stadt und über die Bastei nach Haus.
Band 06 (VI.), Seite 228v
11.06.1809
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