Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4328]

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1809
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Trüb, kühl; man erquickt sich etwas. Früh arbeitete ich, schlenderte herum, in Jungmanns und Peters Gesellschaft. Im Kärntnertor-Theater „La Maison des Orphelins“, im Theater an der Wien „Raoul Barbe bleue“. Mittags fing es zu regnen an und regnete den Nachmittag fort; welche Erquickung, man lebt neu auf ! Früh um 2 h bis nach Mittag hörte man von der Pressburger Straße kanonieren. Dem Kridl brachte ich die Loge. Heute wurden die am Dienstag genommenen Geiseln wieder frei gegeben. Früh hielt Napoleon auf den gesegneten Feldern der Schmelz, welche mit Korn, Gerste und Erbsen gebaut sind, Revue über seine Garden, Infanterie, Kavallerie und Artillerie. Es mochten 15.000 Mann gewesen sein, ein schöner, kräftiger Schlag Menschen. An der Donau am Schanzel wurden wieder einige 20 neue Flösse gebaut. Man glaubt, Napoleon will durch einen mächtigen, entscheidenden Schlag den Jahrestag des Sieges bei Eylau – 9. und 10. Juni 1807 – feiern und den Übergang bei Ebersdorf erneut versuchen. Am 14. Juni 1807 ist der Tag der Schlacht bei Friedland, worauf der Friede von Tilsit bald folgte. Am 14. Juni war der Jahrestag der Schlacht von Marengo, woher sich unser Unglück datiert. Nach Mittag fuhr ich nach Haus und setzte meine Briefe fort. Negri kam und brachte mir die Tagesberichte von unserer Armee und den schönen, sehr wahr geschriebenen Tagesbefehl des Ehz. Carl nach dem Siege bei Ebersdorf. Therese war Mittags allein und blieb immer zu Haus. Nach 7 h kam Negri, ich führte ihn ins Kärntnertor-Theater, suchte Compagnie um zu plaudern und war um 9 h im Bett. Von Paris kam der Ballettmeister Aumer mit einer Gage von 1000 fl. an und wird nächstens ein Ballett machen. Fürst Paul engagierte in Paris eine erste Tänzerin. General Lefèvre ist mit seinem Corps in Linz und ließ den jenseitigen Bewohnern des Dorfes Urfahr bedeuten, dass sie auswandern und ihre besten beweglichen Habseligkeiten nach Linz nehmen möchten, weil er das Dorf rasieren und zu einem festen Punkt machen will. In der Nacht regnete es stark und erquickte die ganze Natur.
Band 06 (VI.), Seite 228r
08.06.1809
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