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1809
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Ein warmer Tag. Im Kärntnertor-Theater „Schweizer Familie - Le pauvre Jacques“; im Theater an der Wien „Salomons Urteil - Le Jugement de Salomon“. Früh arbeitete ich, gegen 9 h mit Therese zum Hartl, um ½ 10 h zum Criminale im Stadtgericht, zum Magistratsrat Ferdinand Huber, wegen den vom Franz Obermayer gestohlenen Kaffeelöffeln, da fand ich auch Walther. Beide sprachen wir für den Burschen, ich unterschrieb sogar die vorteilhafteste Empfehlung und erhielt die Versicherung seiner baldigen Befreiung. Bei Hartl, welcher sich mit dem Drange der Umstände entschuldigte, mit der Versicherung, dass es nachgetragen wird und dass wir es nicht so notwendig brauchen, und sagte, er wisse nicht, wo er das Geld für die Juni-Gagen hernehme, nachdem er jetzt schon für den Mai 10.000 fl. zugeschossen habe, dass alle Abzug leiden müssen; es wird nicht viel zu hoffen sein. Später in die Theaterkasse, wo eben zum Burgtor 12 bespannte Kanonen mit ihren Munitionskarren hereinfuhren. Ich schrieb meiner Mutter, schickte ihr 2 Pfund Schokolade noch vom Fasching und den Tagesbericht von der Ebersdorfer Schlacht, der so lächerlich als entehrend für jede Regierung ist. In diesem 10. Bulletin vom 20., 21. und 22. Mai geben die Franzosen unsere Armee mit 90.000 Mann und 200 Kanonen, und unseren Verlust auf 12.000 Mann, ihren Verlust aber auf 1100 Tote und 3000 Verwundete an. Mittags allein, nach Tische zu Haus. Nach 5 h schlenderte ich herum, um über verschiedene Gerüchte Bestätigung zu erhalten. Napoleons Hauptquartier soll heute nach Wien kommen. Er wohnt im Belvedere, so ist der Antrag, der unterblieb. Ich war bei Rohrweck, wo ich die Frau, Hohenberg (?) und Weiß sprach, die mir das bestätigten, was mir nachher Giáy gerade widersprach, auch der Graveur Fischer, der eben von Eisenstadt kam. Fischer erzählte, dass von Neustadt her auf der Straße nach Ödenburg mehrere Regimenter Franzosen marschierten, und selbst durch Eisenstadt zwei Kavallerie-Regimenter passierten. Die Grenadiers auf der Hauptwache rückten ins Gewehr, salutierten sie, welches von ihnen wiederholt wurde. Ein großer Artilleriezug folgte. Wir plauderten von der Vernichtung unserer Monarchie und waren bis ½ 10 h beisammen. Ich freue mich meines Lebens gar nicht. Welche düsteren Aussichten !
Band 06 (VI.), Seite 225r
30.05.1809
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