Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4310]

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1809
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Pfingstsonntag. Heute ist der 12. Tag, dass unsere Feinde in die Vorstädte, und der 9., dass sie in unsere glücklich gewesene Stadt eingezogen. Unser Elend mehrt sich mit jeder Stunde und meine Trennung von Wien spricht sich mit Gewissheit aus. In der Nacht machten die Franzosen wiederholte Versuche zum Übergange. Sie hatten in dem Hohlwege bei Nussdorf 2 Regimenter Kavallerie, um selbe mit Flössen überzuführen; als sich selbe auf der Freie blicken ließen, wurden sie vom jenseitigen Ufer mit Granaten beworfen und in Unordnung zurückgetrieben. Noch konnten sie nicht übersetzen. Bei allen Türmen stehen Wachen, niemand darf hinauf oder sich eine Anhöhe nähern, um ihr Tun zu beobachten. In der Früh arbeitete ich. Es kam Bar[on] Peck und brachte für Röckel 20 fl. aus dem Armenfond, dann kam er selbst. Gestern erschien seit dem 6. Mai die erste hiesige Zeitung, mit Weglassung des kaiserlich[en] Adlers, Wappens und der Aufschrift „Österreichische kaiserlich privilegierte Wiener Zeitung“, es steht auf dem 1. Blatt nur „Nr. 37 Wiener Zeitung“ Therese ging zu ihrer Mutter, ich schlich mit meinem geschwollenen Fuß etwas herum, zu den August[inern], sprach Meitrath (?), und dann auf den Kohlmarkt und Graben. Therese speiste zu Haus, ich bei Brandl mit seinem einquartierten Franzosen von der Direction militaire. Im Augarten, Prater und an abseitigen Orten fangen sie die Menschen zum Brückenbau ab. Am ersten Ort wollte man solches auch dem Baron Sala, ehemaligen Stadthauptmann von Wien tun. Er widersetzte sich, ein Franzose schoss ihn nieder. Schreckliche Gräueltaten ! Nach Tische sprach ich die Rodler und ersuchte sie, zum Baron Mayern um Befreiung unseres Hauses von Einquartierung zu gehen. Ging zu Peter, blieb in Jungmanns, Ullmanns, Mosers und Czaczeks Gesellschaft, bis zur schrecklichen, heftigen Kanonade unterm Prater-Lusthaus, bei Schwamendorf (?), welche um 4 h anfing, sich immer mehr verstärkte und mir wegen Torschluss bange machte. Da ging ich mit der Czaczek in die Stadt. Die Basteien sind gedrängt voll. Die Erde bebte, man sah den Rauch und Feuer von angezündeten Ortschaften. Sie dauerte bis 10 h, ließ etwas nach und begann mit Tagesanbruch wieder. Den Erfolg weiß man noch nicht. Auf der Bastei fand ich Klimbke, Haim, Janitz, den unsere Leute im Laboratorium ganz ausplünderten. Um 9 h war ich im Bett, denn der linke Fuß schmerzte mich zu sehr. Solche Pfingsten erlebte ich noch nicht.
Band 06 (VI.), Seite 222v
21.05.1809
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