Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4306]

4306
1809
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Ein heisser Tag, äußerst schädlicher, erstickender Staub. Nirgends wird gespritzt, die Straßen sind voll Schmutz, sehr unrein, heute zum ersten Mal wird etwas geputzt. Bei den abgebrannten Häusern liegt der Schutt bis zum ersten Stock. Im Burgtheater wegen dem Gestank von dem Spital in der Reitschule kein Spektakel, im Kärntnertor-Theater „La jeune femme colére“ und Ballett „Abdul“, im Theater an der Wien „Le Congé - Der Urlaub“ und „Hausgesinde - Le désespoir de Jocrisse ?“, im Leopoldstädter Theater das „Höckerweibchen“. Die ganze Nacht wurde bei Nussdorf kanoniert, ebenso auch am Tabor, und noch der Übergang über die Donau nicht zustande gebracht. Viele Wägen mit Verwundeten wurden in die Stadt geführt. Man glaubt, die Franzosen haben bei ihren Übergangsversuchen in diesen Tagen schon mehrere tausend Mann verloren. Nun sind alle Zimmerleute zur Verfertigung von Pontons requiriert, alle Anhöhen von Nussdorf, Kahlenberg bis Klosterneuburg werden mit Kanonen besetzt. Heute Nacht soll der Übergang forciert werden. Heute ist vom Brigadegeneral und Reichsbaron Razout (?) – er wohnt bei Fries – für den Platz Wien die Ordre wegen Abgabe der Einquartierungs-Listen wegen Verpflegung, und Meldung der vorhaltenden Beschwerden bei selber angeschlagen. Den Vormittag im fürstlichen Haus und beim Jos[eph] Pálffy wegen Absendung meiner Briefe an den Grafen, dann zu Phillebois und Quarin, um ihn zur Erwirkung eines Passes für Nitschners Geflügel zu erbitten und ihm zu seiner morgigen Franzosen-Tafel roten und weißen Wein anzutragen. Später in Peters Gesellschaft. In der Leopoldstadt wimmelt es noch immer von Franzosen. Mittags allein. Richart half uns mit Fleisch aus. Kreuzersemmeln werden keine mehr gebacken. Am Nachmittag und Abend schrieb ich an Keglevich eine 6 Blätter lange Epistel und setzte den Brief an meinen Grafen fort. Bei Czernin hat der Fürst von Neuchatel sein Absteigquartier. Er erzählte, dass Napoleon bei Ebelsberg in die Ferse seines linken Fußes einen Streifschuss erhielt. Heute nach Mittag hält er bei Schönbrunn auf der Schmelz über 16.000 Mann, nur Infanterie, eine Revue, stieg von seinem weißen Araber, ging die Reihen durch, sprach mit vielen und nahm von anderen Bittschriften. Heute nach Mittag war das Leichenbegängnis eines Hauptmannes vom 2. Bürgerregiment, des Seidenzeug-Fabrikanten Borochetti vom Schottenfeld, der beim Bombardement auf die Burgbastei einen Fuß verlor und daran starb. Französische Grenadiers mit ihren Offiziers und die Bürgercorps begleiteten die Leiche. Gegen 8 h ging ich mit Therese auf die Burgbastei, da war Musik, die Gesellschaft nahm Gefrorenes und im Gloriett kampierten französische Grenadiers. Ein Regiment Grenadiers und eines Chasseurs marschierten zum Burgtor hinaus gegen Nussdorf. Die Nacht wird durch Blutfließen denkwürdig werden. Von Kavallerie ist in der Stadt, den Vorstädten und ihren Umgebungen nichts zu sehen. Beim neuen Tor gingen wir herab und nach Haus.
Band 06 (VI.), Seite 220v
17.05.1809
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