Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4304]

4304
1809
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Ein warmer Tag, erstickender Staub. Im Théâtre de la Porte d‘ Italie „Le Gentilhomme Compagnon dans la Capitale“. Théâtre sur le Quai de la Vienne, Fauxbourg hors de la Porte de l‘ Italie „Roc Pumpernickel“, farce de trois actes, melée des ariettes. Leopoldstädter Theater „Deserteur“, „Fée radiante“. Früh arbeitete ich, dann ins Cavrianische und fürstliche Haus. Der General Claparéde ist ein erschrecklicher Hitzkopf. Marschall Lannes wohnt beim Albert. Beim Bessières wohnt auch der der Marschall (?) Montbrun. Gestern speisten an mehreren Tafeln 85 Köpfe, dann sind extra im Roten Haus 70 bis 80 Mann und 60 Pferde zu versorgen. Giáy ging nach Eisenstadt und nahm den Brief an meine Mutter mit. Therese lehrte die Rothe und ging dann zu Stöger und Rivolla. Ich besuchte Quarin, der eben den ersten Arzt aller Leibgarden Larrey (?) erwartete, welcher auch kam, ihm seinen Besuch zu machen und lange blieb. Dies schien den sehr gebeugten Mann etwas zu beruhigen. Er sagte, bei Napoleon sei eine ungarische Deputation gewesen. Mit Quarin fuhr ich herum, dann zum Speisen, mit Therese allein. Nach Mittag schrieb und sandte ich Quarin Napoleons gestrigen Tagesbefehl, später baden rechts über der Schlagbrücke und mit Therese und Goldmann zum Peter in die Schmelz gratulieren. In der Stadt sieht man außer Generalität und Offiziers wenig Franzosen. Sehr viele sind in der Leopoldstadt, in manchem Haus 40, 50, auch mehr Soldaten, ebenso in der Landstraße. Die anderen Vorstädte sind glücklich und frei. Heute ist der Brief angeschlagen, welchen der Kriegsminister Alexander Berthier, Herzog von Neuchatel, an den Ehz. Maximilian unterm 10. schrieb und durch den Richter von Matzleinsdorf sandte, welcher mit mehreren anderen Bürgern der Vorstädte beim Napoleon war und um Schonung der Person und des Eigentums bat, welches ihnen auch zugestanden wurde. General O’Reilly schrieb, dass Se. König[liche]. Hoheit, da ihm dieser Brief nicht nach Kriegsgebrauch zugekommen ist, denselben durch denselben Mann zurückzuschicken befohlen habe. In Berthiers Brief war, dass Maximilian als Stadtkommandant so brave Bürger durch Übergabe erhalten möge und, da sich Wien nicht halten kann, wegen so kurzer Verzögerung eine der schönsten Städte Europas nicht dem Unglück und den Schrecknissen eines Bobardements und der Verheerung preisgeben möchte, denn in 36 Stunden würde sie ein Schutthaufen sein. Auf der Glacis und am St. Stephansplatz bivakieren die Franzosen, im Prater ist ihr Lager, wo auch etwas Artillerie und Kavallerie ist. In der Stadt ist keine Kavallerie. In Nussdorf, welches geplündert wurde, konnten sie den Übergang über die Donau noch nicht forcieren; sie sollen schon über 2000 Mann verloren haben. Um 8 h nach Haus und ins Bett.
Band 06 (VI.), Seite 219v
15.05.1809
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