Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4299]

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1809
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Ein schöner Tag, schon staubt es außerordentlich. Alle Theater sind geschlossen. Im Burgtheater wurde zwar „Leonore“ angeschlagen, aber nicht gegeben. Erscheinung der Franzosen vor den Mauern Wiens, das ist der Stadt selbst. Um 5 h war schon der Alarm, die Franzosen zeigten sich in den Vorstädten. Um 6 h eilte ich über den Graben zur Burg und auf die Bastei und zum Kärntner Tor. Albert vom Fürsten und ein paar Kaufleute waren mit mir. Auf dem Graben standen Liechtenstein-Husaren, etwas Chevauxlegers, auf der Burg österreichische Landwehr. General Mészáros machte einen Ausfall und nahm einige 60 solcher Waghälse gefangen. Sie kamen über die Laimgrube herab, zeigten sich beim Kaffeehaus, gaben einige Schüsse ab, da wurden sie gleich von der Burgbastei, Paradeplatz mit einigen Kanonenschüssen begrüsst. Sie retirierten sich ins Kaffeehaus und in die Steinmetzhütten. Ein bürgerlicher Kavallerist – er ist ein Pferdehändler – verwehrte ihnen beim Kadettenhaus mit seinen Söhnen und Leuten den Rückzug und so entkam kein Mann. Vier Buben, nur mit Stangen bewaffnet, liefen einem Chasseur nach, der sich mit seinem Säbel tapfer wehrte, um sich zu retten, aber vom nämlichen Buben, dem er in die Hand hieb, gefangen wurde, da er dem Pferde in die Zügel fiel und 2 andere Buben ihn vom Pferde rissen. Ein Offizier wurde auf der Glacis in den Kopf gehauen und verwundet, nebst mehreren anderen in die Stadt geführt. Er verband sich mit seinem schwarzseidenen Halstuch den Kopf und will Chapeaubas. Den Lagrange (?), welcher bei der Gesandtschaft hier war, nahmen sie auch gefangen. So wurden also vor Mittag, und gerade noch früh, die ersten Kanonenschüsse feindlich abgebrannt. Ein paar Stunden war ich auf der Bastei, sah der Affäre ganz zu, dann der Einquartierung nach, plauderte mit Haim, zum Peter hinaus, holte meine Diana und sah Schiffe zerhauen. Bei den Toren wurden nur wenige Personen eingelassen, hinaus fast nur Weiber. Es war schon Mangel an Brot und Fleisch. Therese, Aloys, dann gesellte sich auch Michel dazu, teilten auf dem Graben unter den Chevauxlegers und Liechtenstein-Husaren, dann auf dem Burgplatz unter der österreichischen Landwehr Slivovitza und Wein. Es war ein großes Vergnügen, diesen armen Leuten zu geben. Richart, welche ich am Graben herumgehen sah, will am Nachmittag in die Josephstadt zur Hauptmann Pehaker (?), Schwägerin der Zimmermann, gehen. Mittags allein, nach Tische zur Rodler, welche ich nicht zu Hause fand. Dann auf die Bastei, auf den Boden des Loprestischen Hauses, wo ich alles übersah, aber keine Franzosen. Es wurde von Zeit zu Zeit kanoniert, um die Richtung der Kanonen zu sehen. Unter dem Militär waren wenig Bewegungen. Hauptmann Haratauer (?) kam von Hiller, als Kurier, dass die Vereinigung mit Ehz. Carl geschah und letzterer bis Donnerstag bis Enzersdorf und auch am Spitz sein kann. Am Tabor ist ein großes Lager ausgesteckt. Die Rossauer Donaubrücke wurde heute früh samt den Magazinen im Stadtgraben verbrannt. Der Landsturm zeigt sich in voller Größe, alles ist bewaffnet, selbst Weiber und Mädchen haben Spiesse und Hellebarden, und Buben laufen mit Gewehren herum. Unser Zuckerbäcker Obermayer ist auch dabei. Die Stimmung erhält sich noch immer. Ein Patent wurde angeschlagen, wegen Folgeleistung von allen denen, welche mit weiß und roten Schärpen versehen sind, und eine Aufforderung vom Magistrat, wegen Wegbringung von Munition. Im Loprestischen Haus ging ich auf’s Dach, noch abends, man sah aber nichts als ihre Wachtfeuer. Alle Vorstadthäuser sind geschlossen und die Inwohner haben den Befehl, sich ruhig zu verhalten. Die Franzosen dehnten sich nur in den Vorstädten M[aria]hilf, Josephstadt, Lerchenfeld und einem Teil von der Wieden aus, in den anderen ließen sie sich nicht sehen. Beim Theater an der Wien und der Laimgrube ließen sich öfters welche sehen, wurden aber immer begrüsst. Ich ging mit der Goldmann herum, war aber meistens zu Haus. Auf der Kärntnerstraße sprach ich die Karilla, welche gestern in die Kaiserkrone in der Rauhensteingasse gezogen ist, machte eine Tour über den Hohen Markt, Lichtensteg, sah da auf freier Straße Ochsen und Kühe schlachten. Dann nach Haus, um 9 h ins Bett. Um 11 h hörten wie kanonieren. Einige Franzosen wagten sich bis an die Stadttore; es wurde auf sie gefeuert. Dies bewog die Studenten auf dem Wall, ihr Mütchen zu kühlen und auch zu feuern, und erschossen und verwundeten auf unserer Batterie mehrere Artilleristen und Landwehrmänner. In der Nacht hörten wir öfters feuern.
Band 06 (VI.), Seite 216v
10.05.1809
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