Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4298]

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1809
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Endlich einmal ein schöner Tag. Therese ging um 6 h beichten, ich an meine Arbeit und schrieb in einem langen Briefe die Inschriften des Tages dem Inspektor Janko (?). Das Kärntnertor-Theater ist geschlossen, im Burgtheater „Jugend Heinrichs V.“ und „Amors Bild“, im Theater an der Wien „Der lustige Schuster“, im Leopoldstädter Theater „Die schöne Melusine“. Um 7 h kam der Hofkonzipist Bayer, und sagte, ein Bedienter sei vom Keglevich mit der Jungfer gekommen und der Graf käme heute, sie müssten das Quartier räumen. Ich machte Anstalten, um sie in unserem Quartier einzulogieren, ging ins Loprestische Haus, sprach mit der Franzl (?) und Scheich (?), und hörte, dass es nur Mutmassungen sind. Sie blieben also ruhig in ihrem Quartier; bei dieser Gelegenheit sprach ich die ganze Familie. Der Carlo kam von Ács mit einem Brief der Beatrix an ihren Sohn Maximilian, diesem gab ich einen Brief an den Grafen mit. Den Grafen verließ er in Ács. Wiesinger ritt mit Maximilian und Suite, rekognoszierte gegen Hütteldorf, da kam ihnen ein Offizier mit der Nachricht entgegen, die Franzosen seien auf dem Riederberg, eine Stunde außer Purkersdorf. Auf diese Nachricht wurde die prächtige, so kostspielige Franzensbrücke angezunden, als selbe brannte, mit Kanonen darein geschossen; dieses schöne Werk ist schon zerstört. Mittags war die Jungfer der Keglevich unser Gast, die nach Mittag mit dem Silber und allen Pretiosen abreist. Therese ging nach Tisch zu Peter und nahm beide Goldmann mit, um Peters Gärtchen vielleicht zum letzten Mal zu sehen. Ich zeigte dem Kassier Huber seine Wohnung im gräflichen Quartier, machte Anstalten zu den Möbeln der Fischer und ging über die Bastei zum Roten Turm, zur Franzensbrücke, sah selbe brennen, dann zu Peter. Es ist grässlich, alle diese Zubereitungen zu sehen und sich den Gedanken einer Belagerung zu denken. Die Reitschule ist zu einem Spital umgeschaffen. Mich begleitete Kämpfler (?), vor der Franzensbrücke traf ich Brockmann und Gewey, mit diesen in den Prater, die Fortschritte der Verschanzungen und Verhaue zu sehen. Mit Kämpfler allein zu Peter, korrigierte die Inschriften und gab dem Bschaidner noch so Manches an. Um 7 h zu Haus. Das große Rotenturm-Tor ist gesperrt und die Verwirrung groß. Therese, die Hausfrau und ich saßen zu Haus, als ich gerufen wurde, weil der Graf angekommen. Ich eilte hinüber, er fragte um alles Geschehene und wollte erst morgen abreisen. Ich riet ihm solches schon in der Nacht zu tun, weil die Feinde so nahe sind, dass sie morgen gewiss Wien umzingelt haben. Ich fuhr zum Brandmayer, tauschte ein anderes Kalesch und nahm Meithrath (?) mit. Die Brandmayer jammerte mir erschrecklich fort und fort vor, dass ich froh war, los zu werden. Um 5 h zum Wiesinger, um zu sehen, ob sie eingezogen sind, dann über die Bastei. Auf allen Seiten wird im Fackelschein gearbeitet und die ganze Bastei mit Militär und Bürgerschaft umgeben. Um 11 h fuhr der Graf weg.
Band 06 (VI.), Seite 216r
09.05.1809
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