Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4297]

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1809
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Ein kalter, rauer, düsterer Tag. Im Burgtheater „Porträt der Erbin“, „Hass allen Weibern“, im Karntnertor-Theater „Heftige junge Frau“, nachher „Eifersüchtige“, im Theater an der Wien „Otto der Schütz“. Noch waren wir im Bette, als Caroline kam, und nochmals Abschied nahm, nach ihr Bayer, welcher mich für sich, seine Frau, Wiesinger (?) und Fischer um Quartier ansprach. Ich schrieb Reimann um unsere neuen Sesseln und Canapé, weil ich unsere für 40 fl. an Mafficioli verkaufte, schrieb an Révay, ging zum Brandmayer. Beim Generalkommando sah ich das Landsturm-Patent der Stadt und Vorstädte Wiens angeschlagen, vom 7. September 1809, Maximilian: Die Städter sollen sich beim Magistrat, die Vorstädtler bei ihren Grundrichtern melden und für 4 Tage mit Brot versehen. Kaiserliche Offiziers werden sie anführen. Bei Brandmayer hörte ich, dass die Fürstin Schwarzenberg, welche gestern abreisen wollte, ihre Reise nach Petersburg ganz abstellte. Nun sind die Aspekte mit Russland trübe. Das Abbrechen der Hütten, das Ausziehen so vieler Personen, die Flucht, das Räumen der Vorstädte in die Stadt, die Abreise so vieler Menschen, die Verproviantierung der Stadt und des Militärs, welche als Besatzung kommt, das Einführen der Fourage, die Arbeiten bei allen Toren, die Sperrung und Hemmung der Passage bei mehreren Toren, alles dies macht eine Verwirrung und ein Gedränge, dass man es selbst sehen muss; beschreiben lässt es sich nicht. Mit Bayer ins Quartier zum Keglevich und installierte ihn mit Frau, Schwiegermutter und Tante Fischer. Aloys speiste mit uns. Nach Mittag schrieb ich an die Gräfin, dass unser Hauptquartier heute in Perschling sein soll, bis Donnerstag dürfte selbes ziemlich vor Wien kommen. Der alte FML Unterberger ist Festungskommandant und FML Devost (?) Direktor des Geniewesens. Mit Therese, Goldmann Therese, und Mafficioli gingen wir über die Bastei vom Burgtor bis zum Roten Turm, sahen das Aufführen der Artillerie, begegneten Hocheder mit Tschebulz und Goldmann Josephine, nahmen von ihr Abschied, dann die Mama und Nina. Als wir an der Donau zur Franzensbrücke gingen, trafen wir noch Castelli und Hasslinger (?), welche eben mit dem Banco-Personale und der Bancozettel-Druckerei in einem Kelheimer abzufahren im Begriffe waren; auch von diesen nahmen wir einen scherzhaften Abschied. An der Franzensbrücke wird noch immer an Verhauen, Aufwerfen von Sandsäcken und Faschinen und dreifachen Verschanzungen gearbeitet. Im Prater selbst ist der schöne Garten der Kaiserin, die schönsten, gesündesten Bäume niedergehauen. Gestern waren sie schon bis zum Ende des Gartens gekommen. Fürchterlich ist der Umsturz so gesunder, starker Bäume. Die ganze Breite des Praters, von der Praterstraße angefangen, nämlich von der Tabor-Allee bis zur Franzensbrücke, wird eine Verschanzung gemacht. Schauerlich sieht das Ganze aus. Von da zum Peter. Ich schrieb noch das Geschehene in meine Briefe, wir tranken Kaffee, die anderen Bier, sahen dem Bschaidner nach. Bediente ihn und Günther (?) mit Wein, räsonnierten und deliberierten, lasen den Aufruf des Ehz. Maximilian, dass Wien verteidigt und er bis zum letzten Augenblicke gegenwärtig sein wird, samt einer Menge erhebender Ausdrücke. Nach 8 h zu Haus. Unsere tägliche Gesellschaft ist fort. Therese und ich saßen allein und begaben uns zeitlich zur Ruhe.
Band 06 (VI.), Seite 215v
08.05.1809
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