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Kalt. Früh Fahnenweihe der Landwehr in der St. Stephans-Kirche. Mittags speist auch mein Bruder zum Abschied bei uns. Wie sehr kränkt mich dieser unüberlegte, ohne mein Wissen gemachte Schritt meines Bruders. Ich bin sehr betrübt; wie wird sich unsere armen Mutter kümmern ! Den Vormittag beim Grafen, Kárner. Im Burgtheater „Heftige junge Frau“, Oper in 1 Akt, dann „Nebenbuhlerinnen“, im Kärntnertor-Theater „Fridolin“, im Theater an der Wien „Rochus Pumpernickel“. Hohenzollern hat hier Rasttag und setzt seine Werbung in der Burg fort; der Erstgeworbene erhält 100 fl in Convention. Es gelang mir, um 10 h in die St. Stephanskirche zu kommen, um die Predigt des Bar[on] Saurau (?), Kooperators auf der Wieden und Feldkaplan der Landwehr zu hören. Ich stand neben Tatzer (?), sah die Kaiserin, er ist von Husten unpässlich, Ehz. Carl, Maximilian in Landwehr-Uniform und den ganzen Generalstab. Von jedem Bataillon zog eine Kompanie mit Musik und klingendem Spiel in die Kirche und stellten sich in Parade auf. Die Rede war ganz passend, hatte manche hübsche Stelle, der Vortrag aber war höchst mittelmäßig. Nach der Predigt wieder zum Grafen. Die Wiener Landwehr-Bataillons standen auf allen Plätzen in Parade aufgestellt, die Bürgercorps machten Spalier. Ich suchte meinen Bruder bei der 4. Kompanie, Hauptmann Rotter (?) und fand selben bei Benkós Kaffeehaus. Nach der Fahnenweihe begleitete ich die Kompanie auf die Glacis, wo selbe schwören musste. Ehz. Carl, Maximilian mit ihrem Generalstab waren gegenwärtig. Das Handlungsbataillon schloss ein Karree, die 2 Fahnen in ihrer Mitte und so las ihnen der Generalauditor den Fahneneid vor. Ich blieb bei allen Schwenkungen und Märschen immer hinter meinem Bruder. Nachher las ihnen der Hauptmann die Marschorder vor und sie gingen auseinander. Ich nahm meinen Bruder gleich zum Essen mit. Er blieb ein paar Stunden, dann nahm er Abschied und wir trennten uns, vielleicht auf immer; o unseliger Krieg.! Ich bin sehr traurig, meine arme Mutter ! Nach Mittag war ich allein und sehr düster. Abends zur Jos[ephine], sprach die Berger. Dann nach Haus, es waren Hocheder, Schmidt und beide Goldmann da. Abends Regen.
Band 06 (VI.), Seite 203v
09.03.1809
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