Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4197]

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1809
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Tauwetter, früh rauer Nebel, dann heiter; außerordentlich morastig. Früh holte ich Peter ab und wir fuhren zusammen zur Rasumofsky-Brücke, gingen auf dem Eis bis zur Gänseweide, sahen da mitten auf dem Eis die Bäume der abgerissenen Brücke. Der Stoß hat die nämliche Gestalt wie gestern, bewegt sich nicht.Auf der großen Donau hat er wieder einige Joche der Brücke abgerissen.Ich erhielt Briefe vom Grafen, worin er mir schreibt, dass er in Preßburg krank sei und morgen oder übermorgen komme. Den übrigen Vormittag war ich beim Grafen, las die Fortsetzung der Korrespondenz zwischen Graf und Fürst von 1794 und 95. Im Burgtheater Mad. Hendel von Berlin als Octavia, Mad. Bürger vom sächs[ischen] Hoftheater als Cleopatra. Im Kärntnertor-Theater „Agnes Sorel“, Grell, Tenor vom Fürsten, als Karl VII. Im Theater an der Wien „Rochus Pumpernikkel“, musikal[isches] Quodlibet in 3 Akten von Stegmayer, Weidmann als Bartel, Hasenhut als Pumpernickel. Mittags allein, nach Mittag zu Hause und beim Grafen. Therese ging mit der Schmidt, Nina und Rodler ins Burgtheater, Peter und ich folgten, weil ich doch auf den Grafen wartete. Zwei Akte von der „Octavia“ sah ich im Orchester, dann begab ich mich ins Kärntnertor-Theater, Hr. Grell zu sehen, war dort den ganzen 3. Akt. Grell hat eine angenehme Stimme, gefiel, wurde verdient vorgerufen und sprach: „Ihre Güte und Nachsicht ist so groß als mein innigster Dank“. Beim Schluss des 3. Akts war ich schon wieder im Burgtheater. Der arme Dauer (?) als Augur, der ohne Vorbereitung spielen musste, nichts wusste, wurde ausgelacht und gezischt, auch Hornung als Centurio wurde belacht. Ungerecht war man gegen die Bürger. Die Hendel, der man an vielen Stellen, ihren Kopf- und Armbewegungen deutlich ansah, dass sie die Meisterin der Roose war, gefiel nicht allgemein; riss an manchen Stellen zur unwillkürlichen Bewunderung hin, und wurde am Schlusse vorgerufen. Sie sprach: „Es rührt und erhebt mich, wenn Sie finden, dass ich meiner Jugendfreundin und würdigen Vorgängerin, der verewigten Madame Roose, nicht nachstehe“. Koch annoncierte, das Publikum empfing ihn mit anhaltendem Klatschen und Tränen rollten aus seinen Augen.
Band 06 (VI.), Seite 197v
28.01.1809
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