|
4113
1808
11
5
Ein kalter, düsterer Tag, Nebel, rauer Wind. Im Burgtheater „Ersatz“, im Kärntnertor-Theater „Vorsatz“, Szenen von Franz von Holbein, dann zum 1. Mal „Achilles auf Skyros“, Ballett in 4 Akten von Angiolni, die Vanie (?), Schülerin des Taglioni, tritt im Vertrauen auf Nachsicht auf. Im Theater an der Wien „Don Juan“. Übernahme von R[ooses] Kopf. Vor 8 h holten Peter und Jungmann mich ab und wir fuhren bis zur Hundsthurmer Linie in dem gelben Batard, Fiaker No. 209., ließen innerhalb den Wagen warten, schlichen zum Kirchhof, damit uns unser alter ami bemerkt. Indessen er seinen Mantel nahm und den Kopf holte, sahen wir über die Mauer unser Grab, das noch in der Erde ganz frisch und die Eröffnung sehr kennbar ist. Er sagte seinem Weibe, dass wir die Herren von dem Grabe des Arbeitshaus-Traiteurs sind, auf welchem durch 9 Tage eine Kerze brennt, und dass wir ihm ein Frühstück zahlen werden. Er ging mit unserer in aller Hinsicht teuer erkauften Beute unterm weiten braunen Mantel mit uns zur Linie herein bis zur Durchfahrt durch die Wien beim Leimsiederhaus. Hier übernahmen wir unseren teuren Schatz, ließen den Fiaker hinkommen und fuhren über Gumpendorf durch die Stadt gleich zum Peter. Ich trug selben unterm Mantel in den Garten, legte ihn im Tempel auf den Tisch, trugen ihn dann in die Grotte, sahen und untersuchten ihn nochmal und legten selben in das dazu neu gemachte und mit einem Deckel versehene Schaff. Das Gesicht war kennbar. Die linke Seite und auch ein Teil der rechten schwarzgrün, die Stirne grün und schwarz gestreift, die rechte Seite weissgelb und so wie die Nase am wenigsten entstellt und bestimmt zu kennen. Die Augen zwar geschlossen, doch sehr herausgetrieben, der Mund etwas offen, so dass die Zähne sichtbar sind. Der Kopf ist sehr knapp abgeschnitten und mag nach meiner Schätzung 12 bis 15 Unzen (?) wiegen. Nachdem er gut versorgt und verschlossen war, ging ich in die Stadt, besorgte meine Geschäfte, ging zur Kasse, fand da in der Kanzlei Koch. Wenn der wüsste, was ich trug, woher ich komme. Ging dann zu Kridl, um für morgen Geister, Rauch und Spiritus zu besorgen. Traf später Peter und Jungmann und führte beide ins Kärntnertor-Theater zur Generalprobe von „Achilles“. Jungmann hatte eine Urne um alle Gehirn- und Fleischteile und ein Glas zur Aufbewahrung der Zunge zu kaufen. Mittags allein. Im traulichen Gespräch entdeckte ich erst heute Therese unser Unternehmen und Gelingen, lud sie, Hocheder und Goldmann Jos(epha) auf morgen abends zur feierlichen Beerdigung. Der Goldmann erzählte ich nach Mittag den ganzen Hergang, während die Schreibers Therese eine neue Schülerin aufführte. Reimann und Brandl vollendeten heute den großen Speiseverschlag. Ich schrieb an den Grafen, holte um 5 h Hocheder ab und fuhr mit ihr zum Peter. Ließen aufsperren und zeigte ihr diesen merkwürdigen Kopf 2 Mal und genau, weil auch Jungmann kam und ihn wieder sehen wollte. Auch sie fand unverkennbare Ähnlichkeit, freute sich, diesen so schätzbaren Überrest noch einmal zu sehen, dankte uns für diese Unternehmung und wird morgen auch Zeuge dieser feierlichen Handlung. Von dem Wasser und dem stärkeren Eindringen der Luft war der Kopf bedeutend mehr aufgedunsen. Hocheder, Peter und Jungmann gingen ins Theater an der Wien zum Don Juan, ich nach Haus und dann ins Kärntnertor-Theater. Neben dem Mädel der Krünes (?) fand ich Platz, langweilte mich im Stück und Ballett, der missfiel, so wie Vanie. Angiolini und Taglioni wurden mit aller Anstrengung vorgerufen, sie aber nicht, obwohl der Fürst der letzte in der Loge blieb. Therese beschäftigte sich mit der Einräumung des neuen Speiseverschlages. Heute erhielt ich 2 Eimer roten Simontornaer.
Band 06 (VI.), Seite 183r
05.11.1808
|