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1808
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Ein schöner Tag. Heute spielte Koch am 9. Tage des Begräbnisses der Tochter zum ersten Mal im Burgtheater den Abbé L' Epée in „Taubstumme“; im Kärntnertor-Theater „Waisenhaus“. Des Uhrmachers Jakob Degen erster öffentlicher Versuch mit einer von einem Luftballon unterstützten Flugmaschine in freier Luft, im Prater am Feuerwerksplatz mittags ½ 1 h. Früh arbeitete ich, schrieb, dachte, denn ich schlief die ganze Nacht sehr wenig, um meinen einmal entworfenen Plan mit Vorsicht und gutem Erfolg auszuführen, und die sich immer mehr auftürmenden Hindernisse hinwegzuschaffen. Ich bin so begeistert von diesem Plan, dessen Unternehmen und Vollendung wirklich ein schweres Stück ist, dass ich vor dem von unserer Sehnsucht entsprochenen Gelingen nicht ruhen kann. Um ½ 11 h nahm ich ein Frühstück à la fourchette, erwartete Jungmann, holte Peter ab, um zu hören was er vollbrachte, und fuhren zusammen in den Prater zu Degens Versuch. Therese ging zu Stöger, aß mittags allein und fuhr nach Mittag mit ihrer Mutter und Nina spazieren, nach Hetzendorf zu Mayer, der ihnen nicht einmal eine Jause offerierte. Wegen einem kleinen Lüftchen wurde Degens Versuch abgesagt, wir fuhren also umsonst hinaus. Blieben bei Peter, aßen in Compagnie und verabredeten uns, dass mich Jungmann, Peter und Weiß, ein junger Arzt, abends um ½ 9 h im Burgtheater abholen werden. Therese war den Abend mit ihrer Mutter, Nina und Bulla bei Josephine. Ich kam um 5 h nach Hause, fand da Goldmann, die unseren Plan witterte und den ich ihr bei Kopfabschlagen gestand. Zusammen ins Burgtheater. Sie kamen zur bestimmten Stunde und wir gingen erstlich nach Gumpendorf zur Schäferin soupieren, blieben da bis 11 h und fanden da ein sehr possierliches Quintett von einem alten Obristwachtmeister, Hauptmann, dem Seidenfabrikanten Resch (?) und 2 anderen Bürgern. Eben wurde die Roose gelästert, über ihren Leichenzug und die Rede, wo der Pastor – oder Wächter, welch ein Wortspiel ! – der solche Worte sagte, oder drucken ließ, sehr lächerlich räsoniert. In der Geisterstunde, in einer düsteren, sehr umwölkten Mondnacht wandelten wir zur Linie hinaus. Durch Sechshaus gingen wir durch die Wien zur Hundsthurmer Linie vorbei in den Kirchhof, bestiegen die Mauer bei Rooses Grab und fanden den Totengräber am Grabe schlafend. Es war Schlag 12 h, kein lebendes Wesen, nur hie und da das Bellen eines Hundes regte sich. Als er wach wurde, gab ihm Peter eine Flasche Wein. Er stand da, im Mantel, Haube, darüber den Dreispitz-Hut und sah aus wie der Baumann als Hausmeister im „Neusonntagskind“. Er sagte, sein Schwiegersohn, der Halunke sei noch nicht zu Haus, komme vielleicht erst um 2 h, bis der nicht schliefe, sei er nicht sicher und könne nicht aufgraben. Ich machte den Vorschlag zu warten, und sei es auch bis 4 h. Zum Unglück war der Kerl auch noch besoffen und wir mussten nach mehrerem Hin- und Herreden ohne Erreichung unserer Ziele nach so vielen Opfern abziehen. Ich ärgerte mich außerordentlich. Es wurde mit dem Trunkenbold ausgemacht, dass wir morgen am Nachmittag herauskommen und mit ihm nochmals und mit allem Ernste zu reden. Dies alles wurde auf der Kirchhofmauer verhandelt. Voll Verdruss und sehr müde kam ich nach 1 h zu Hause, schlief abermals wenig, dachte immer der Ausführung nach.
Band 06 (VI.), Seite 182v
03.11.1808
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