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1808
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Ein düsterer, melancholischer Tag, feucht, neblig. Der Elisabeth Roose Begräbnistag im Hause ihres Vaters an der Wien No. 18, nach Mittag 3 ½ h. Früh befand sich Therese besser, ich bin so ruhig. Ich arbeitete, ging in die Theaterkasse, Kanzlei, im Burgtheater „Dorfbarbier“, „Tanzsucht“, im Kärntnertor-Theater „Entführung aus dem Serail“, im Theater an der Wien „Eugenie“. Mit Turnau zum Koch, die Roose zu sehen. Der üble Geruch und das schteckliche Aussehen, welches der Tod dem schönen Weibe gab, veranlassten den Sarg zu schließen und selbe niemand zu zeigen. Erwartete Peter, holten zusammen im Redoutensaal den Schleglhofer zum Speisen ab. Im Redoutensaal verweilten wir bei 2 Stunden, sprachen mit Zambeccari und Schleglhofer und ließen uns den Apparat umständlich erklären. Nach Tische fuhr Therese mit Hocheder und Goldmann, ich holte Collin ab und kamen in dem Augenblick im Sterbehause an, als der Superintendent Wächter am Sarge die Leichenrede hielt. Er sagte nichts Besonderes. Das Bild vom Fallen des Vorhanges, von der Größe ihrer mimischen Darstellung, der Lieblichkeit ihres Tones, und dem unbegreiflichen Schicksal, das so seltene Talente hinwegrafft und der Menschheit ganz unnütze, ja sogar schädliche Geschöpfe erhalten werden; von der Beruhigung, dass mit diesem Leben unser Sein nicht aufhört; von der Gewissheit, dass der Wunsch der ganzen Stadt, ja ganz Deutschlands ihre Erhaltung sei; endlich die Bitte, von der Entschlafenen nur Gutes zu reden, sind die merkwürdigsten Stellen seiner Rede. Vielleicht 150 Wägen nebst einer großen Zahl von Fußgängern begleiteten sie in den Kirchenhof vor der Hudsthurmer Linie, wo ihr Grab dem Löschenkohl zur Linken ist. Ich nahm Hocheder in Schutz und kam gerade neben dem bekümmerten Vater und der Jette zu stehen. Roose war nicht gegenwärtig. Wächter stand auf unserer Seite zur Linken der schon in die Grube versenkten Leiche und malte in seiner Rede das Bild des Herbstes, der allMöglich sterbenden Natur. Er fing an: „Nun so haben wir sie denn bis zur Ruhestätte begleitet, wo die Teure in den Schoss der Erde versenkt wird“ usw. Die Gesellschaft war in tiefer Ttauer und aus allen Augen flossen Tränen um die große Künstlerin. Einige Gedichte wurden verteilt, unter denen eines von Schildbach (?), aber keines ihrer würdig vollendet war. Collin und ich waren fast die letzten an ihrem Grabe und blieben, bis der Hügel vollendet war. Collin wird in die „Vaterländischen Blätter“ einen Aufsatz in Prosa über ihren Tod einrücken lassen. Die Direktion gab 25 fl. Ich suchte Therese zu Haus, fand die Gute noch in Tränen und führte sie mit der Goldmann zu Hocheder, wo Martin war. Ich ging ins Burgtheater. Nach der Oper suchte ich mir Compagnie, um ein Glas Bier zu trinken; dann nach Haus.
Band 06 (VI.), Seite 180v
26.10.1808
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