Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [4102]

4102
1808
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Ein schöner Tag. Früh schrieb meine Mutter, dass sie sich etwas besser befinde, doch nie wieder aus dem Bett kommen und ihre Sprache erhalten wird. Die gute arme Frau; wie sehr trifft der Schlag mein Herz ! Wir antworteten und schickten ihr Schokolade. Den Vormittag arbeitete ich, ging in die Theaterkasse. Im Burgtheater „Strelitzen“, im Kärntnertor-Theater „Waisenhaus“, Quarin hat die Loge. An der Wien „Eugenie“, Müller Vater tritt als Baron Hartley wieder auf, und seine Schülerin Franzis[ka] Menzel (?) Mit Turnau war ich bei Koch, um die Roose zu sehen. Da sie voll Brandschaum im Gesichte, noch nicht gewaschen ist und am Nachmittag geöffnet wird, wurde sie nicht gezeigt. Hruschka kam auch hinzu. Wir fanden Koch, der im weißen Schlafrock heulend uns empfing und ein wahres Jammerbild ist. Schrecklich ist der Verlust in aller Hinsicht für ihn. Den Peter und die Geissler führte ich mit Therese in den großen Redoutensaal, um Graf Zambeccaris ungeheuren Luftballon zu sehen. Wir fanden Zambeccari, den berüchtigten Schleglhofer (?), welcher den Ballon firnisste und noch ein paar andere Messieurs. Durch Schl[eglhofer], welchen ich auf morgen mit Peter zum Essen lud, ließen wir alles vom Ballon zeigen und erklären, Montgolfier, den Rost, auf dem sie stehen, die Anker, Seil und Kloben zum Herablassen. Wir blieben bei zwei Stunden, dann sie verschwanden. Mittags allein, nach Mittag zu Haus. Schön besuchte uns, später kam Brauner mit dem Partezettel und der Einladung zur Leiche. Im Partezettel ließ Guldner setzen, dass sie an einer Ablagerung der Gicht auf die Brust selig im Herrn entschlafen ist. Sie trat am 28. September 1798 zum ersten Mal als Margareth im Kärntnertor-Theater auf und spielte zum letztenmal im Burgtheater am 19. September im „Testament des Onkels“ mit Iffland die junge Bäuerin Pauline. Sie sollte im Augarten-Konzert am 22. September mit Iffland deklamieren, ging zum Entbinden und Iffland deklamierte allein. Sie wurde am Sonnabend den 24. – vor einem Monat – entbunden, nachdem man ihr mit einer Zange das Kind wegnehmen musste und gleich starb. Ich kam auf dem Bankl mit Weidmann und Collin zusammen und engagierte letzteren, ihn zum Leichenzug zu führen. Therese und ich besuchten Nitschner. Die Alten gingen aus, die junge Frau hatte Gesellschaft, die sahen wir gar nicht, sondern haben uns gleich empfohlen. Wir gingen an die Wien in die Loge. Therese holte die Babett, engagierte die Geissler und Lavotta mit ihrem Mann. Müller wurde mit Klatschen empfangen, hatte schwach memoriert, spielte schwach und verdiente seinen Beifall nur seinen 71 Jahren und der Nachsicht, welche er beim Herausrufen dem erhabenen, verehrungswürdigen Publikum auch vorsagte. Die Menzel ist höchst mittelmäßig, affenartig einstudiert, lässt kein Talent verspüren. Wurde vorgerufen, von Müller vorgeführt und weinte einige gewöhnliche Worte. Das Ganze langweilte sehr. Um aber zuletzt den Jux vollkommen zu machen, wurde auch Grüner als Mylord Clarendon vorgerufen. Therese hatte rasende Kopfschmerzen, konnte das Stück kaum aushalten und in der Nacht heftiges Fieber.
Band 06 (VI.), Seite 180r
25.10.1808
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