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1808
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Ein angenehmer Herbsttag. Elisabeth Rooses Sterbetag im 30. Jahr. Früh war im Burgtheater die „Aussteuer“ angeschlagen, im Kärntnertor-Theater „Ostade und Tanzsucht“. Da die Roose in Zügen griff, wurden wegen Kochs plötzlicher Unpässlichkeit die Theater abgeändert, der unglückliche Moreau mit seinem Kommissär Wallmann abgewiesen und „Die Wendungen“ mit der „Gefährlichen Nachbarschaft“ gegeben. Früh arbeitete ich, besorgte einige Geschäfte, fuhr wegen Schirm und Gewehrverschlag zum Reimann, dann auf die Wien zum Weinberg, wo die Roose bei ihrem Vater liegt. Den Schmidt Adam schickte ich hinauf. Er kam mit der Post, dass sie den Brand habe, der TodesSchweiß schon auf ihrer Stirn stünde, dass sie krampfartige Zuckungen habe, die ihr die Finger zusammenziehen, und schwerlich über Mittag ausdauern dürfte. Dies überraschte mich recht sehr, stimmte mich ganz um. Ich schlenderte herum, stand mit Brockmann, Weidmann, Klingmann und Ochsenheimer vor dem Theater auf dem Michaelsplatz, sprachen stets von der Roose. Brockmann erzählte, dass sie schon seit gestern außer sich sei, niemand mehr kenne und öfters in der Phantasie ausgerufen habe: „Tut mir den Schirm weg, dass ich das Kind dort oben sehe, das mir winkt, mich ruft !“ Die Bühne verliert viel und die Kunst einen ihrer Lieblinge. Guldner lieferte bei ihr kein Meisterstück. Frank wurde zum Consilium gerufen, da war aber der Brand schon sehr stark im Anzuge. Mittags allein, nach Tisch schrieb ich an den Grafen. Der Bediente Brauner (?), nachher die Goldmann kamen mit der Nachricht, dass die Roose um 3 h in der Phantasey verschied und dass sich das Blut zur Nase und den Ohren herausdrängt. Sie rief die Namen Walther, Iffland, vorzüglich aber Holbein. Die Bilder ihrer Lieben müssen ihr in der Phantasie vorgeschwebt haben und so schied sie von ihnen. Therese und ich fuhren zum Burgtor hinaus auf die Glacis, sahen in der Roose Sterbezimmer schon die Fenster offen, von da in den Prater bis zum Wasser, dann zu Haus. Ich sah die „Wendungen“, die wohl hübsch geschrieben sind und gut gespielt wurden, mich aber doch langweilten. Ich trennte mich von meiner Compagnie, ging nach Haus und gesellte mich zu Theresens Gesellschaft.
Band 06 (VI.), Seite 108r
24.10.1808
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