Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [3544]

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1807
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Heiter. Begräbnis der Kaiserin, nach Mittag um 5 h. Der jüngere Ehz. Joseph verschlimmert sich, man erwartet täglich seinen Tod. Früh arbeitete ich, schrieb im Namen des abwesenden Franz Brandl ein Briefchen an seine Mutter um Wäsche, ging zur Gräfin. Holte um 10 h mit dem Würstl Rohrweck ab, und fuhren reiten in die kaiserlichen Ställe zu Wiesinger, ich noch zum Büsser. Mittag bei Wiesinger. Ich bin nicht guter Laune, Schnupfen und Husten plagen mich sehr. Vorher war ich mit Rohrweck im Czerninischen Haus, unsere anglisierten Rappen zu sehen. Nach Mittag fuhren wir nach Kalksburg, sahen wenig, bestiegen den Berg, weideten uns an der Moschee und den verschiedenen Inschriften, die in den Felsen gehauen, worunter manche sehr gut gewählt sind. Eine machte uns lachen: „O Eitelkeit, o Eitelkeit ! Wie sehr verändert sich die Zeit ! Die wärmsten Dinge werden kalt, die jüngsten Mädchen werden alt, die engsten Handschuh werden weit. O Eitelkeit, o Eitelkeit !“ Eine andere Inschrift in der Nähe der Moschee gefiel mir sehr: „Enthülle der Freude des Lebens Dein Herz, denn Heiterkeit mildert den bittersten Schmerz. Sei munter und lache mit hoffendem Blick; das Leben verrauschet. Wer holt es zurück ?“ Gegen Abend trübte es sich und stürmte ein heftiger Wind, der einen unerträglichen Staub verursachte. Therese sah mit den Nitschnerschen im Redoutensaal die Leiche an, die nichts weniger als sehenswürdig gewesen. Den Abend waren die Hahnlischen in tiefer Trauer bei uns. Sie erzählten von dem Tode der Kaiserin, dass sie um 10 h abends alles von sich entfernte, mit dem Kaiser allein zu sein verlangte, dass sie ihr Bewusstsein bis zum letzten Augenblick behielt, dass die Schosulan Küchenmeisterin, die Heurteur Garderobemeisterin und die Huber Kammerdienerin wurde, dass ihre Garderobe-, Spitzen- und auch Galan[terie?]-Teilung beträchtlich etc.
Band 06 (VI.), Seite 36r
16.04.1807
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