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Schnee, Regen und außerordentlicher Morast. Der Friede ist angeschlagen, sagte mir der Barbier beim Eintritt. Therese zog sich schnell an und ging lesen. Es lautete so: „Se. Exzellenz, der Marschall von Frankreich Soult, hat mir die erfreuliche Nachricht mitgeteilt, dass der Friede zwischen Sr. Majestät, dem römischen und österreichischen Erbkaiser, und Sr. Majestät, dem Kaiser der Franzosen, zu Preßburg geschlossen worden sei. Ich eile, dieses erwünschte Ereignis dem Publikum bekannt zu machen, und es einzuladen, Gott dem Allmächtigen die schuldige Danksagung bei St. Stephan abzustatten, woselbst das Te Deum heute um 11 h feierlich abgehalten wird. Wien am 28. Dezember 1805. Rudolph Graf von Wrbna, landesfürstlicher Hofkommissär“. Um 10 h ging ich zu Kilian und brachte Theresen 3 Paar weißseidene Strümpfe als ein kleines Andenken des Friedens. Dann sah ich alle Bürgercorps nach St. Stephan ziehen, Graf Wrbna und Fürst Trauttmannsdorff sah ich fahren. Schade, dass so ein teuflisches Wetter alle Feierlichkeit stört. Marschall Soult und eine Kompanie Grenadiere zog mit klingendem Spiel in die Kirche ein, und ließ ihr Spiel bei allen Teilen des Amtes hören. Der Trommelschlag und diese ganze Zeremonie machten den feierlichen Actus noch erhabener. In der alten Mutterkirche möchten wohl diese die ersten Trommelschläge gewesen sein, die man hörte. Erst um 1 h war das Hochamt geendet und die Bürger, welche auf dem Platz paradierten, zogen zurück. Mittags allein, Therese schwimmt in Vergnügen und Frohsinn und schrieb heute der Krieghammer. Nach Mittag schrieb ich dem Grafen, schickte ihm, dem Keglevich und meiner Mutter – der wir zugleich für den erhaltenen Schinken dankten – die Friedenskundmachungen. Ersterem schrieb ich noch, dass Crescentini vom Napoleon als Kammersänger mit 30.000 Francs und Pension verschrieben sei. An den Gesichtern der Wiener bemerke ich keine außerordentliche Freude. Viele glauben ihn nicht, viele sind damit nicht zufrieden. Ich hätte nie gedacht, dass es hier so viel stupide Menschen gibt. Abends ging ich ins Kärntnertor-Theater „Dorfbarbier“ und „Seehafen“ (?), im Burgtheater „Stille Wässer“; es wird sehr leer sein. Bei dem feierlichen Friedensfest erinnere ich mich der Proklamation des Kaisers Napoleon an die Große Armee, gegeben zu Ulm am 12. Oktober 1805: „Soldaten ! Ihr würdet schon jetzt, wenn Österreich den Krieg nicht erklärt hätte, in London sein, um die Beleidigungen zu rächen, welche England seit 6 Jahrhunderten Frankreich zugefügt hat. Morgen führe ich Euch gegen die Österreicher. Erinnert Euch, dass diese Bundesgenossen der Engländer sind. Es soll das Gegenstück zur Schlacht bei Marengo geliefert werden; es soll noch mehr geschehen: es darf kein Mann von der feindlichen Armee zurückkommen. Sie ist von allen Seiten eingeschlossen. Nach dieser Niederlage wollen wir nach Wien eilen, um die Vernichtung der feindlichen Armee zuerst zu überbringen und Europa von den Einfällen der Kosaken zu schützen“. Napoleon erließ gestern zum Abschiede an die Bewohner Wiens eine Proklamation, die so freundlich als weise geschrieben ist, und die 15. besondere Beilage zur Wiener Zeitung ist, und reiste heute früh von Schönbrunn nach München ab. Der Friede wurde am 26. früh 5 h, zu Preßburg im Primatialpalaste zwischen dem k.k. österreichischen Abgeordneten, FM Fürsten Johann von Liechtenstein und Graf Ignaz von Gyulay, nebst dem Staatssekretär von Hopp (?) dann dem kaiserlich-königlich französischen Minister der Ausw[ärtigen] Angelegenheiten, C[harles] M[aurice] Talleyrand de Perigord Exz[ellenz] abgeschlossen. Bei uns waren am Abend Treitschke mit Frau und Wallaschek. Dann, als ich auch noch Stessel geschrieben, und ihm alles zugeschickt, begab ich mich zum „Dorfbarbier“, der heute ohne allen Jux und matt gegeben wurde. Ich hielt mich meistens auf der Bühne, plauderte mit Sonnleithner, und kam eben zu einer Ohrfeigen-Affäre zwischen dem Gladiateur Gaugibus Sedini, und dem Liebhaber der kleinen Groteske Linderer (?). Therese, Goldmann und ich plauderten zusammen bis 11 h und freuten uns des Friedens.
Band 05 (V.), Seite 109r
28.12.1805
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