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1805
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Trüb, windig. Früh schrieb ich, dann zu Stessel und so meine Gänge weiter. Im Burgtheater ist heute „Der Mann von 40 Jahren“ und „Caliph“, im Kärntnertor-Theater „Beschämte Eifersucht“ und „Seehafen“ (?) Der Goldmann schrieb ich heute in ihr Stammbuch eine Zuschrift am 23. Tage des Besitzes der Franzosen von Wien. Mittags allein, nach Mittag zu Brandl, dann zur politischen Sitzung zum Fritsch. Anfangs las ich ein Bulletin in der Allgemeinen Zeitung, worin auf Wrbnas Bitten ungefähr dies ausblieb (?): „Es muss der Fluch der Völker Österreichs über Colloredo, Cobenzl und Lamberti (?) kommen, und es ist zuversichtlich zu erwarten, dass man sie der verdienten Rache überliefern wird“. Lord Nelson starb in der Seeschlacht am 21. Oktober bei Cadix auf dem Schiffe Victory durch einen Schuss im linken Lungenflügel aus dem Mastkorb der „Santa Trinità“ von 136 Kanonen, im 47. Jahre, als er so viele Schiffe versenkt hatte. Er starb mit einem Arm und einem Auge. Vor der Schlacht von Austerlitz ließ Napoleon nochmals Frieden antragen, um Menschenblut zu sparen. Alexander ließ durch Konstantin sagen, wenn Napoleon Italien und die Niederlande zurückgibt, dann wollten sie Frieden unterhandeln. Dieser Antrag bewog Napoleon, sogleich angreifen zu lassen und es begann eine Schlacht, deren seit den Zeiten der Revolution keine blutigere geliefert wurde. Alexander war an der Spitze seiner Truppen sichtbar, warf Gold unter sie aus und feuerte sie zum Siege an. Unser Kaiser soll geweint und unsere Soldaten sich zu fechten geweigert haben. Die Russen trieben sie mit der Fuchtel ins Feuer. Napoleon kommandierte zu Fuß, um weniger bemerkt zu werden. Mehrere 1000 Russen wurden in einen nahen Teich getrieben, worin die meisten ertranken. Als der württembergische Kurier vom Schlachtfeld abging, waren 60 russische Kanonen schon in einem Hohlweg verloren. Nach der Schlacht verlangte Alexander Frieden, und Napoleon erklärte, nicht eher selben zu unterhandeln, bis alle Russen das Gewehr gestreckt haben, darauf begann das Scharmützel von neuem. Das Ende davon weiß man nicht. Jetzt gibt man schon von beiden Seiten den Verlust von 40.000 Mann an. Schon ist eine Kundmachung vom Magistrat heute erschienen, worin alle Hauseigentümer und Einwohner Wiens aufgefordert werden, da sich die Zahl der Verwundeten stündlich so mehret, dass mit Beischaffung von Betten und Bettstätten nicht mehr gefolgt werden kann, so sieht man sich genötigt, den Abgang durch freiwillige Beiträge zu versichern. Zum Schlusse mahnt der Magistrat auf reichhaltige Beiträge, wenn nicht wirkliche Requisitionen und Einlegung der Kranken in Privatwohnungen erfolgen solle. Napoleon schenkte dem Kurfürsten von Bayern 20.000 unsrige Gewehre, welche in diesen Tagen schon abgeführt wurden. Wien muss 120.000 Paar Schuhe liefern. Man besorgt nächstens die Erklärung Preussens gegen Österreich und Russland zu hören. Das Innviertel wird schon durch eine besondere Kommission administriert, und Tirols Huldigung erwartet. Wenn nicht schnell Friede wird, gehen die Franzosen nach Polen. Die Württemberger Truppen sind schon in Krems, die Bayern haben Tabor und Pilsen besetzt. Unser Gesandter Cobenzl ist noch in Frankfurt. Ehz. Carl hat sich mit Johann vereinigt. Man hofft, er wird durch Kroatien hereinkommen und vielleicht auch Ungarn zum Schauplatz des Mordens machen. Bei Therese war am Nachmittag der französische Hauptmann Audibert und unterhielt sich mit ihr und Goldmann bis zur Theaterzeit. Ich war in beiden Theatern und blieb in letzterem der Compagnie wegen.
Band 05 (V.), Seite 103v
05.12.1805
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