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1805
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Ein schöner Wintertag. Früh zum Marquard und zur Terzaga mit Briefen, ins Haus. Mittags mit Therese und Goldmann auf die Glacis und Bastei. In der Stadt begegneten wir russischen und österreichischen Gefangenen, erstere teils verwundet, zerrissen und sehr erbarmungswürdig. Liverati (?) überläuft mich immer wegen einem Pass. Der Magistratsrat Enderle (?) war bei mir und erzählte mir, die Franzosen haben alle Getreide- und Mehlmagazine, und Schlachtochsen übernommen, versehen ihre Armee selbst, damit man nicht erkennen könne, wie stark sie seien. In der Stadt sieht man viele Bayern, welche einen Teil der Garnison ausmachen, da die Franzosen abmarschieren. Täglich kommen auf der Donau in den Gegenden bei Wien Franzosen an, die zur Armee in Mähren stossen. Nach Mittag schrieb ich an den Grafen und gab ihn mit mehr anderem dem Walterskirchen mit. Therese war abends mit Goldmann zu Haus, ich ging ins Kärntnertor-Theater „Muta“ und „Vologesus“. Es war ziemlich voll. Ich suchte mir Compagnie, plauderte mit Helmer (?) etc. Vorher war ich mit Sonnleithner im Seitlischen Bierhaus, da kam eben der Advokat Fürlinger von St. Pölten und erzählte, dass bis nach Wien nur 2 Wirtshäuser, eines in St. Pölten und eines beim Lamm in Purkersdorf offen, alle übrigen gesperrt und verlassen sind. In St. Pölten sind die Keller, worin bei 170.000 Eimer Wein waren, mit Kanonen aufgesperrt und geleert worden. Ein Franzos liegt nackt, und bei 500 Pferde abgedeckt an der Straße. In Maria Zell und Taferl ist der Schatz geraubt und in ersterer Kirche wurden Ochsen und Kühe geschlachtet. Selbst in der heutigen so merkwürdigen Zeitung No. 95 steht, dass der Verwalter von Pottenstein, VUWW, Sartori, am 18. November wegen unzeitigem Patriotismus erschossen wurde. In die Stadtgräben wird immer Pulver geführt, zu welchem Zweck, weiß man nicht. Graf Haugwitz wird im Münzhaus im Appartement von Graf Zichy wohnen. Dass Fürst Carl Auersperg wegen Nichtbefolgung des Verbrennens der Taborbrücken – wodurch unersetzlicher Nachteil entstand – hätte erschossen werden und nur von Kaiser Alexander erbeten, und auf die Festung Königgrätz in Eisen gebracht worden, bestätigt sich von allen Seiten.
Band 05 (V.), Seite 102r
27.11.1805
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