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Kalt, aber heiter. Früh marschierten wieder Franzosen durch. Viele von der Kavallerie hatten kaiserliche Pferde, samt Reitzeug und Schabracken. Zwei Infanterieregimenter hatten Trommeln und Pfeifen, was selten ist, da sie sonst nur Trommeln allein haben. Sie marschieren sehr schnell und hatten bei ihrem Tross Kühe und Ochsen. Wenn das noch lange so fortdauert, so kennt bald niemand mehr das blühende Österreich. Täglich musste bis jetzt der Magistrat 50.000 Portionen Brot, Fleisch, Wein, Haber, Heu etc. [abliefern ?]. Alles fürchtet Hungersnot mit ihren schrecklichen Folgen. Die Last der Einquartierung ist unerschwinglich, besonders auf dem Land. Den Vulcani kosten seine Feinde täglich 50, auch 60 fl., den Eskeles 100 fl., ohne Viktualien, die er noch von hier schickt. Unbarmherzig wird Stadt und Land ausgesaugt. Nach dem Frieden ist ein armes Land, ein unvermeidlicher Staatsbankrott und das Elend von Hunderttausenden die unvermeidliche Folge. Heute sind in beiden Hoftheatern die Zettel französisch – versteht sich die Titel – gedruckt, und die Preise beigesetzt. Im Burgtheater „Balboa“, im Kärntnertor-Theater „Pamela“ und „Tanzsucht“. Bis 10 h schrieb ich, ging dann herum, sah was in der Stadt passiert und suchte Compagnie. In der Burg stehen keine Garden mehr, nur gemeine Musketiere. Marschall Bessières ist auch abgereist. Einen Trieb Ochsen und Kälber trieb man auch durch die Stadt. Ich schlich mit Gruber bei 2 Stunden herum, war in Compagnie auf dem Fischmarkt und auf der Bastei und sah beim Bisamberg mächtige Rauchsäulen aufsteigen, auf dem Berg Truppenbewegungen. Auch hörte man von Zeit zu Zeit Kanonieren. Die Affäre dauert seit gestern, man weiß aber nicht, zu wessen Vorteil. Erzählt wird, Kutusow sei von den Franzosen eingeschlossen. Vermuten lässt sich, dass die Franzosen nicht Sieger sind, weil das Gefecht immer in einer Gegend bleibt und die Franzosen nicht vordringen. Nach Mittag war ich mit Therese, Polly und Goldmann auf der Bastei spazieren. Beim Stubentor kam ich mit Strumpfwirker Frey (?) zusammen, der mit vielen anderen Menschen über die Bastei eilte und sagte, die Franzosen retirieren, die Russen hätten gesiegt, verfolgten sie und wären schon beim Tabor. Das Gedränge und die Verwirrung in der Leopoldstadt wären im höchsten Grad, die Menschen stürzten übereinander. Indessen war es nur ein blinder Lärm, der aber alle Vorstädte alarmierte und bald Exzesse verursacht hätte. In der Stadt und den Vorstädten wurden alle Tore gesperrt, blieben‘s auch schon. Im Stadtgraben hausen die Franzosen schon mit unserer Artillerie. Auf den Wällen haben sie die Kanonen abgedeckt. Die Schlachtochsen sind alle in die Stadtgräben getrieben. Abends schlich ich noch mit Sanenz herum, ging dann zu Brandl, dem ich die Loge gab. Im Burgtheater war ich, sehr leer, und im Kärntnertor-Theater, wo ich’s erträglich fand. Ich war meistens auf dem Theater, wo es von französischen Offiziers gedrängt voll war.
Band 05 (V.), Seite 99r
17.11.1805
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