Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [3026]

3026
1805
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Leopold. Ein schöner Tag. Früh zum Quarin, dann arbeitete ich und um ½ 12 h auf den Burgplatz. Stessel und dem Grafen schrieb ich, sie beschworen mich zu sehr darum. Ich fand Compagnie, plauderte mit Eckhart, dem wir ein Billett schickten und ging auf den Ruf (?) Es kamen österreichische Gefangene zu den kaiserlichen Ställen, wo sie vorbei passierten. Es waren 6 Kompanien Füsiliere von Salzburg, ganz neu montiert, die erst, so sagte mir ein Wachtmeister, vor 4 Wochen ausmarschierten und da sie keine Munition hatten, ohne einen Schuss zu machen, bei Korneuburg gefangen wurden. Kranke und Artilleristen folgten, die samt beinahe 100 Kanonen und dem ganzen Artilleriepark, auch ohne einen Schuss zu machen, in Feindeshände fielen. Es mochten 200 Mann sein, die Offiziere hatten ihre Degen. Sie marschierten zur Mariahilfer Linie hinaus, wo die Bürger noch mit den Franzosen die Wachen teilen. Ich sah wieder Kavallerie durchmarschieren, welche lange Kapuzinerbärte tragen. Diese tragen sie zum Andenken, dass sie mit Bonaparte in Ägypten waren. Heute erschien eine Kundmachung von der landesfürstlichen Kommissariatskanzlei, von Regierungssekretär Schulz unterzeichnet, dass alle Schiffe, Wägen und Leute mit Viktualien ungehindert nach Wien kommen und gehen können, weswegen Se. Durchlaucht, der kommandierende General en chef Prinz Murat schon den Befehl an die kaiserlichen Truppen erteilte. Mittags mit Therese allein. Nach Mittag schrieb ich an den Grafen, die Post ging aber nicht mehr ab. Stollhofer war bei uns, diese begleiteten wir nach Haus und sahen wieder bei 600 Gefangene von Salzburg und Kerpen führen, wovon 2 so durchkamen, durch die Stadt sogar fuhren. Es waren auch Kavalleristen dabei, aber nur mehr 2 hatten Pferde. Beim Theater sagte man mir und Huber, dass der Rapport kam, dass auf der großen Donau viele tote Franzosen herabschwammen; vermutlich ist zwischen Stockerau und Krems etwas vorgefallen. Ich war in beiden Theatern, im Burgtheater „Heftige junge Frau“, im Kärntnertor-Theater „Muta“ und „Tiroler“. In beiden waren Franzosen, in letzterem mehr, auch auf dem Theater. In der Zuckerbäckerei war alles voll, sie rauchten sehr stark Tabak. Auf dem Markt ist nichts zu finden. Gestern kostete das Pfund Butter 2, auch 3 fl. Niemand wagt, etwas hierher zu bringen, weil sie alles wegnehmen, auch die Pferde ausspannen. Auf den Dörfern gehen mehrere Exzesse vor; sie wollen unwahrscheinlich gut bedient werden, machen mehrere luxuriose Forderungen, wollen öfters des Tages Kaffee, Geflügel, besondere Weine und Brot. Beim gestrigen Durchmarsch führten sie durch die Stadt 10 bis 12 Kühe, mit Stricken an de Bagagewägen gebunden. In den Vorstädten, doch nicht allen, sind Franzosen; in der Stadt nur Offiziere. Die kaiserlichen Garden zu Pferd sind in den kaiserlichen Ställen einquartiert. Auf der Laimgrube packte mittags 12 h ein Franzose, der zerrissene Schuhe hatte, einen Handwerksburschen und wollte ihm seine Stiefel mit Gewalt ausziehen. Als er sich wehrte, hieb er ihm mit dem Säbel über den ganzen Mund und spaltete ihm selben. Nun kamen gleich unsere Menschen zur Hilfe, entwaffneten den Franzosen, hielten ihn fest und führten ihn zur nächsten Wache. Das sahen mehrere Franzosen, auch Offiziere und ließen es ruhig geschehen. Die Stimmung des Publikums ist sehr ernst. Die Straßen zwischen der Burg und dem Roten Turm sind zwar am Tage voll, weil wenig Menschen arbeiten, Handel und Wandel stehen. Uffenheimer, Götz, Faber, Weitenhüller (?), Wertheimer, Offenheimer, Herz, Neupauer haben schon zu zahlen aufgehört, die Folgen sind nicht zu berechnen. Abends, wie es dämmert, werden schon alle Laternen angezunden und um 9 h die Haustore gesperrt. Die Theater sind leer, Frauenzimmer, außer Huren, sieht man in den Theatern sehr wenig. Von russischen und preussischen Gesandten ist niemand hier.
Band 05 (V.), Seite 98r
15.11.1805
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