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1805
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Ein schöner Wintertag. Gleich beim Aufstehen sahen wir Franzosen in unseren Gassen herumwandeln. Therese hatte um 9 h Probe von „Palma“. Ich schrieb früh, ging in das Haus des Grafen und so in der Stadt herum. Es ist fatal, dass alle Korrepondenz aufgehoben ist, ich wünschte so gerne von unserer lieben Mutter, unseren Freunden zu hören. In der gestrigen Wiener Zeitung No. 91 stand mit großen Lobeserhebungen die Ernennung meines Grafen zum Geheimen Rate. Die Franzosen betragen sich sehr artig, sogar galant. Alle Straßen waren und sind noch voll, wenn welche gesehen werden. Das muss auf sie kurios wirken, denn überall, wo sie einzogen, versteckte man sich vor ihnen und hier empfängt man sie mit Freundlichkeit. Möchten sie doch ebenso freundlich schon wieder aus Wien sein. Man sieht selbe von Bürgern begleitet herumgehen und überall Bekanntschaft machen. In der Nacht hörte man stark schießen, man vermutet auf der Straße nach Preßburg. Auf dem Mehlmarkt bringen sich die Leute um 1/8 Mehl beinahe um; auf den übrigen Märkten ist beinahe nichts zu sehen; niemand liefert etwas; die Folgen werden sehr drückend sein. Heute ist die Kundmachung angeschlagen, dass General Hulin, Befehlshaber der französischen Garden und Kommandierender von Wien, im Lobkowitzischen Palast wohne und dass niemand ohne seine Anweisung eine Anforderung auf Einquartierung machen darf. Eine 2. auch vom Magistrat, dass alle jene Erwerbsleute, welche landesfürstliche Befugnisse haben, und bei denen man annehme, dass sie den kaiserllich-königlichen. Adler abnahmen, selben wieder aufmachen und es sich dahin erklären sollen, dass bei jenen Gefällen, die dem Stadt-Banco eigen oder verbürgt sind, die Adler abgenommen und dafür das Stadtwappen aufgemacht wurde. Bei Quarin erfuhr ich, dass Bonaparte am Dienstag die Deputierten in Sieghartskirchen in dem von 8 Pferden bespannten Wagen sprach, neben ihm saß General Berthier umgeben von ca. 20 Garden, welche wichen, der Wagenschlag wurde geöffnet, sprach mit ihnen mit abgesetzten Hut, war sehr human und versprach, Wien zu schonen. Den Prälaten von Seitenstetten fragte er, ob er der Kardinal wäre. Jetzt wohnt Napoleon in Schönbrunn, im Schlosse stehen seine Garden zu Pferde und zu Fuß mit ihren Kanonen. Vor und nach Mittag marschierten Truppen durch die Stadt, teils zum Burg-, teils zum Kärntnertor herein. Die Kavallerie hat schöne Leute. Nach Mittag eilte Prinz Murat aus Wien über die Donau zur Armee, schnell folgte ihm seine Suite. Man vermutet, es werde bald eine Bataille vor sich gehen. Beim Fürsten wohnt Reichsmarschall Bessières mit 5 Adjutanten, die hellrot und gold gestickte Binden um den Arm haben, Garden und Tross, 72 Personen mit 74 Pferden. Man sagt, Hulin werde auch abreisen, und LeClerc (?) den ich zum Treitschke fahren sah, das Platz-Kommando übernehmen. Läufer Stephan, der mir einen Brief von Stessel brachte, sagte mir, die Franzosen sind in Laxenburg und der Gegend, an der Grenze stünde der Stuhlrichter mit einigen Offiziers, um niemanden zu Fuß über die Grenze zu lassen, und in Hornstein einige Vorposten von uns. Der Graf schrieb mir, ich beantwortete gleich und schrieb auch nach Mittag wieder, die Posten gehen. Heute wurde das kaiserliche Zeughaus durch FML Leopold Freiherrn von Unterberger übergeben; es fanden sich nur allein 1300 Kanonen und über 100.000 Gewehre. Vom Spitz brachte man am Nachmittag einige 80 Kanonen und 500 Gefangene von Auersperg. Abends vor 7 h marschierten mehrere 100 kaiserlich französische Garden auf den Burgplatz, eine auserlesen schöne Truppe, sowohl Kavallerie als Infanterie. Blaue lange Röcke, weiße Gilets und Beinkleider, hohe Bärenmützen, Gewehre, Patronentaschen, auf jeder der Infanterieadler mit Blitzstrahlen. Sie stellten ihre Kanonen auf, stellten sie in entgegengesetzter Richtung mit brennenden Lunten, besetzten alle Wachtposten und lösten die Bürger ab. Die Burg war erleuchtet, das ganze Appartement des Kaisers, aber Napoleon kam nicht. Ich ging mit Therese um alles dieses zu sehen, dann ins Burgtheater „Horatier“. Es waren viele Offiziere darin, das Parterre noble voll. Sie zahlten meistens mit Conventionsmünze. Im Kärntnertor-Theater „Neugierige Ehefrau“ und Terzett, gab die Loge der Großbauer.
Band 05 (V.), Seite 97v
14.11.1805
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