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Trüb, kalter Wind. Kundmachung von Rudolph Graf von Wrbna, landesfürstlicher Hofkomissar: „Se. Majestät sind früher, als er es vermutet nach geschlossenem Landtag von Brünn gleich nach Preßburg weg. Inzwischen dürfen die kaiserlich französischen Truppen in die Hauptstadt rücken, man erwartet von den Einwohnern Ruhe, Ordnung und ein bescheidenes Betragen. Se. Majestät sind weit entfernt, an einem unzeitigen Eifer Gefallen zu finden und würde jede Unordnung streng ahnden, nachdem sie nur aus gnädiger Fürsorge für ihre Einwohner auf die Verteidigung der Residenz Verzicht leisteten. Wien am 11. November 1805“. Kundmachung: Der Magistrat versichert, dass, obwohl die hiesigen Bäckermeister die kaiserlich französische Armee mit Brot versehen muss, doch die Anstalten getroffen wurden, dass das Publikum keinen Mangel leiden wird Früh 8 h holte ich den Rohrweck ab, wir gingen zusammen zur Mariahilfer Linie hinaus, um die Franzosen zu sehen. Bei Mariahilf begegneten wir zwei Chasseurs, welche in die Stadt ritten, dann sahen wir Kavallerie auf dem Hetzendorfer Berge reiten. Viele Menschen strömen zu den Linien hinaus. Es erfolgte der Befehl, niemanden mehr passieren zu lassen, weil die französischen Vorposten bei Baumgarten, Penzing niemand durchlassen. Ein Maurerpolier, der es wagte einzudringen, selber die Vorpost in den Graben warf, wurde gefangen genommen, Standrecht gehalten und gleich erschossen. Kumpfhofer als Hauptmann treibt an der Linie sein Unwesen. Voll Menschen ist der Linienwall. Viele Wägen mit Brot, Fleisch und Wein fahren unter Begleitung bürgerlicher Offiziers zur französischen Armee ins Lager. Von ihrem Einmarsch in die Stadt weiß man nichts. Friedrich Treitschke als Regisseur schrieb im Namen der deutschen Operngesellschaft eine Danksagung in blumenreicher Sprache an Braun wegen des herumgeschickten Zirkulars, welches ich schnell kopierte. Therese war mit der Goldmann im 3. Stock des Burgtheaters, warteten aber vergebens auf den Einzug der Franzosen. Auf der Wieden standen einige Stunden eine Division blauer Husaren mit blutroten Federbüschen. Mittags allein. Nach Mittag schlich ich mit Therese herum, sie ging mit dem Buch von „Palma“ zu Koch. Ich war zu Haus und hatte die Stollhofer, Mayer mit Frau zu Besuch. Er speiste heute mit französischen Offiziers in Hetzendorf. Murat wohnt in Hütteldorf im Gartengebäude der Fürstin Franz Liechtenstein und ließ ihr wissen, dass abends Kaiser Napoleon da erwartet und soupieren wird; bäte um mehr Porzellan. Nach 5 h fuhr eine Deputation des Magistrats und der Stände nach Hütteldorf. Es waren der Erzbischof, Fürst Zinzendorf, der junge Trauttmannsdorff, Prälat von Seitenstetten etc., Bürgermeister Stephan Wohlleben, Vize-Bürgermeister Balthasar Weber etc. Erster soll am Sonntag von Murat wegen Abzug aller Kassen derb hergenommen worden sein. Abends war ich in beiden Theatern, im Burgtheater „Muta“, „Tiroler“, im Kärntnertor-Theater „Othello“; sehr leer. Mit Baumann ging ich auf die Bastei, um die Wachtfeuer zu sehen, welche gestern einen herrlichen Anblick machten, es waren aber keine mehr zu sehen. Im Kärntnertor-Theater fand ich Compagnie. Pfersmann erzählte, der Kaiser wäre in Wolkersdorf und die Russen sammelten sich stark bei Stammersdorf. Merveldt sei bei Maria Zell geschlagen. Die Taborbrücken sind noch nicht abgebrannt, und unsere Armee versammle sich über selbe gegen Marchfeld. Therese war den Abend allein zu Haus und studierte an „Palma“.
Band 05 (V.), Seite 96v
12.11.1805
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