Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [2586]

2586
1804
9
1
Schikaneder beginnt seine Direktion an der Wien mit erhöhten Preisen und einem Original-Lustspiel in 4 Akten „Die Hauer in Österreich“. In beiden Hoftheatern erhöhte Preise. Im Burgtheater „Gattin und Geliebte“, Schauspiel in 4 Akten, im Kärntnertor-Theater „Die Dorfsängerinnen“, Oper in 2 Akten von Fioravanti. Den ganzen Tag beim Grafen. Kárner schrieb mir, ich kaufte ihm für eine Dame zu einem Mantel 4½ Ellen Tuch. Arbeitete zu Haus, holte bei Wallishauser ein Abschiedsgedicht an Sonnleithner, das gestern im „Blaubart“ ausgeworfen wurde. Als ich mittags nach Hause kam, fand ich Therese wegen Kopfschmerzen im Bett. Eckhart war unser Gast. Abends an die Wien. Der 1. Akt, eine Anspielung auf Schikaneders Direktion, gefiel ziemlich. Als der Akt aus war, wurde eine neue Kurtine nach Zeichnung von Füger [erg: herabgelassen], gemalt von Gail, der Genius aber von Rödl (?). So schön ist das Ganze ausgeführt, dass es ein allgemeines Klatschen erregte. Die übrigen 3 Akte sind nur Unsinn, nicht zum Auswarten, es wurde gezischt, gelacht und sogar gepfiffen. Ich sah und hörte nie etwas Schlechteres. Das Publikum war schon immer sehr unruhig, beim Schluss wurde von allen Seiten, trotz einer Schlussdekoration mit einem Tempel „Den Gönnern geweiht“, und einem Schlusschor, worin sich Babett und Dichtler produzierten, von allen Seiten gezischt und gepfiffen. Weiß wollte annoncieren, einige riefen „Schikaneder“, er erschien und nun begann erst ein wahres, tumultuarisches Betragen. Über 5 Minuten stand er auf der Bühne, ohne zu Wort zu kommen. Des Zischens und Pfeifens war kein Ende. Joël, die Müller, Hoy (?) und noch ein paar Juden wären bald aus dem Theater geworfen worden. Das Publikum rief und schrie laut: „Hinaus, hinaus ! Polizei ! Einsperren ! Das Judengeschmeiss, die Spitzbuben ! Kaiser Joseph hat sie erst zu Menschen gemacht !“ Schikaneder stand immer mit über Kreuz auf die Brust gelegten Händen und machte Verbeugungen. Als die Ruhe hergestellt war, sagte er: Er nehme die schöne Last, zum Vergnügen des Publikums zu arbeiten, wieder auf sich; von ihm entfernt, habe er nur halb gelebt. „Ich hörte, ein Gerücht habe sich verstreut, als ob ich das Publikum immer nur mit meinen Produkten bedienen wollte. Nein ! Ich betrachte mich wie ein Gastwirt, der nach dem verschiedenen Geschmack seiner Gäste heute diese, morgen jene, am 3. Tage eine andere, am. 4. ein gutes Ragout aufsetzt“. Er verspricht auch neue, ländliche Gewächse in diesen Weingarten zu verpflanzen, wozu er die erste Haue anlegte, etc. Er ging ab, und Weiß sagte für den kommenden Tag „Die Hauer“ etc. an. Nun wurde wieder gezischt. Als Schikaneder abging, wurde ein Gedicht ausgeworfen, lang und wässerig. Ich ging nach Haus. Bei uns beurlaubte sich die Schmalz, die morgen nach München reist. Als Therese am Abend besser wurde, machte sie ihr einen Gegenbesuch. Therese gab ihr ihr Bild, sie Theresen einen Ring mit ihren Haaren zum Andenken. Therese ging ins Kärntnertor-Theater in die italienische Oper, die ziemlich gefiel, obwohl es leer war.
Band 05 (V.), Seite 39v
01.09.1804
Copyright © 2025 Heraldisch-Genealogische Gesellschaft "ADLER", Wien. All Rights Reserved. Austria-1095 Wien, Postfach 7, Universitätsstraße 6/9b