Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [249]

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1798
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Geburtsfest der Fürstin. Ich stand sehr früh auf und ging hernach zum Fürsten unterschreiben und zur Fürstin gratulieren. Mit Stessel ging ich zu allen Handwerkern, teils in meinem Dienste, teils wegen einem Batard für ihn. Nach 2 h fuhren v. Kárner, Stessel und ich in den Prater, speisten beim Einsiedler, beim Jüngling um 1 fl., waren ziemlich munter und frohen Muts. Nach Tisch fuhren wir Karussell, ich zeichnete mich aus und stach in einem Fahren 5 Kasketten herab. Abends war ich bei Therese bis 9 h. Im Nachhause gehen wimmelte es auf allen Straßen. Als ich in die Wallnerstraße kam, hörte ich Sturmgeheul, mit Steinen Fenster einwerfen, von Mord reden, von einer zerschmetterten und zerrissenen Fahne und mehr dergleichen. Bernadotte steckte abends gegen 8 h eine dreifarbige Fahne, blau, weiß, rot auf dem Balkon seines Hauses aus. Er wurde auf Ersuchen der Polizei und vieler anderer gebeten und gewarnt, zur Vermeidung eines Aufruhrs die Fahne abzunehmen. Bernadotte – wie rasend – tat nichts. Das Volk versammelte sich immer mehr. Ein paar Waghälse kletterten auf die Mauer bis zum Balkon, rissen die Fahne herab, zerfetzten sie ganz, liefen mit der Stange, welche sie nachher auf der Freyung verbrannten, auf den Burgplatz, schrien „Kaiser Franz soll regieren und die Franzosen alle krepieren!“ Ein anderer Haufe warf mit Steinen, so dass kein Fenster ganz blieb. Einige Mann von der Kavallerie, welche sich vor dem Hause postierten, konnten den Aufruhr nicht zurückhalten. Gegen 10 h, als eben der Fürst zu Fuß und ich mit selbem kam, verdrängte man mit außerordentlicher Kühnheit die Kavallerie, stürmte das Tor, brach ein, verwüstete zu ebener Erde die Kuchel, Zimmer, Wägen und mehr anderes, und würde auch in der Höhe nichts geschont haben, wenn nicht von des Bernadotte Leuten welche über die Stiege geschossen und das Volk so abgeschreckt wurde, hinauf zu stürmen. Es war rabenfinster im Hause, alle Laternen und Lampen waren zerschmettert. Der Gesandte mit seinen Leuten retirierten sich in die hinteren Zimmer, formierten eine ordentliche Batterie. Das Personal war 14 Mann stark und hatte Säbel, Pistolen und Flinten. Der Fürst sich dagegen mitten in den Stiegen, als aber geschossen wurde, ins Haus. Kein Bitten, nichts, konnte den guten Fürsten abhalten, zurückzubleiben. Als er ins Haus kam, wirkte sein zweckmäßiger Vortrag, seine gute Art, die Schmeicheleien, welche er dem Volke sagte, alles dieses so viel, dass das Volk von seiner Wut abließ und sich aus dem Haus begab. Indessen kam ein Reitpferd des Fürsten. Als er sich in Generalsuniform darauf setzte, und die Leute um Ruhe und Abziehung bat, gingen sie haufenweise aus dem Hause. Der Fürst ließ gleich die Kavallerie und Infanterie vorrücken, dann ins Haus vordringen und den übrigen Teil von außen besetzen. Indessen kam erst der Kommandierende und mit ihm mehrere andere Offiziers. Das Volk wurde durch das sehr langsame Vorrücken der Kavallerie und auf das sehr weise Benehmen und Überredungsart des Oberst Wilhelmi nach und nach vom Hause des Gesandten auf den Kohlmarkt weggedrückt und so war bis gegen 12 h alles ziemlich ruhig. Alles blieb unter Gewehr. Die Burg, Kohlmarkt, Herrengasse und alle Zugänge zur Wallnerstraße waren auf das schärfste und stärkste mit Militär besetzt. Nach 12 h ging ich nach Hause, dachte nach der ganzen Begebenheit und war mir wegen der Folgen besorgt.
Band 01 (I.), Seite 31v
13.04.1798
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