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1826
1802
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Vor Mittag trübe, den ganzen Nachmittag und Abend Regen. Reise nach Pohrlitz und Wien. Um 5 h kam Moreau sich zu beurlauben. Er fing gleich von seinem und Bernardis gestrigem Debut an, sagte, es sei ziemlich voll gewesen. Bernardi sei mit dem vollkommensten Beifall vorgerufen worden, hätte eine lange Rede gehalten, welche ich nachtragen werde, samt jener des Moreau. Dann, als Moreau allein vorgerufen wurde, wäre gezischt worden, doch die Klatscher waren stärker und er wurde doch vorgerufen. Krieghammer, Frau, Kathi und Rudolph begleiteten mich nach Pohrlitz. So viel Güte und Freundschaft macht mich bange; es ist außer meinem Wirkungskreise, sie zu erwidern. Wir fuhren über Reigern, einem Markt mit einer Prälatur. Die Kirche ist prächtig. Das Sanktuarium ist später aufgebaut und von Winterhalder, einem Schüler Malberges mit vieler Kunst ausgemalt. Die Kuppeln der Gewölbe sind fresco in älterem Geschmack gemalt. An den Wänden sind Säulen von Gipsmarmor, deren Kapitelle reich vergoldet sind. Am Hochaltar ist die Statue der Muttergottes, so aber auch in einer Seitenkapelle rechts. Der Ort liegt seht tief, meistens im Sumpf und ist vielen Überschwemmungen ausgesetzt. Die Prälatur steht ganz auf Bürsten und ist kaum zur Hälfte ausgebaut. Die schon zum Teil wieder baufälligen Mauern ohne Dachung machen einen widrigen Eindruck. Wir fuhren wieder auf die Straße über Laty, 1. Post und kamen um 10 h vor dem Hause des Straßenkommisärs Posbischel an. Er, ein artiger, einschmeichelnder Mann, empfing uns vor dem Tor. Seine 2. Frau, die unpässlich, lag im Bette; sie raffte sich zusammen und empfing uns ebenfalls. Krieghammer, Rudolf und ich gingen über den Hof durch den Ort, links in eine Au, die meistens, weil der Ort tief und feucht liegt, Felbern, sehr wenig Espen hat. Die Gänge sind angenehm. Wir kamen an 2 alte, starke sehr ehrwürdige Espen, wovon die größere im Durchschnitte wohl 9 Schuh haben mag. Sie sollen ein Alter von 300 Jahren haben. Bei unserer Rückkunft führte uns die gefällige Hausfrau in den großen Obst- und Küchengarten. Wir lagerten uns auf einem Rasenkanapé, sprachen von der Wirtschaft, von dem schweren Stand eines verheirateten Mannes, worüber ich mich durch Spielen mit dem Rudolph beruhigte. Um ½ 1 h speisten wir recht gut. Bei Tische erschien erst die Tochter des Hausherrn 1. Ehe, Nanett, ein häusliches und wie mir scheint, stilles Mädchen von 18 Jahren. Wir sprachen von Wien, von der Jagd, von Rhabarber und ihrer trefflichen Wirkung und drangen so lange in die Hausfrau, bis sie mir eine Dosis einnahm. Mittags trank ich 3 Gläser Wein, die mir sehr wohl bekamen. Den Nachmittag und einen Teil des Abends brachten wir im Garten unter einem Zelte zu, plauderten. Ich las die Inschriften in der Kathi ihrem Stammbuche vor, machte auf die Endverse immer einen Reim, sahen dem Regnen zu, waren auf ihn unwillig, weil er uns die Jagd verdarb, und so wurde es ½ 8 h. Jetzt wurde trotz des Regens auf Posbischels Ziegelofen und die umliegenden Felder Hetzen gefahren. Einen jungen Hasen fing ein Windhund beim Halse, später Endymion beim hinteren Laufe und zerbissen ihn gleich ganz. Mehr bekamen wir nicht. Um 9 h kamen wir ganz durchnässt zurück. Ich schickte gleich wegen dem Landkutscher ins Wirtshaus und war wie vom Donner gerührt, als man mir sagte, er sei noch nicht angekommen. Das Fatale meiner Lage lässt sich nicht unangenehmer denken. Ich war in meiner Meinung so sicher, Freitag früh in Wien zu sein und nun ? Ich könnte den Kerl prügeln sehen. Meine Laune, mein Appetit, mein Schlaf, alles war auf einmal verschwunden. Beim Souper spottete und scherzte man über meine Ängstlichkeit, meine Sehnsucht nach Hause. Wenn sie fühlten, was ich besorge, wenn sie wüssten, dass mich alle Freuden fliehen, sie würden den Gegenstand nicht für so unbedeutend ansehen. Gegen 11 h führte man uns in den 1. Stock in ein großes, amerikanisch ausgemalenes Zimmer, wies es Krieghammer und mir zum Schlafzimmer an. In einem kleinen, weißen Nebenzimmer schliefen die Frau und Kathi, Rudl bei uns auf dem Sopha. Mit dem Licht brennen lassen und Auslöschen gab’s noch lange Komödie; endlich sagte die Frau, das Licht bleibt brennen. Da dachte ich wohl auch an meine Therese und die Nachtlichtgeschichten. Ich schlief wenig. Krieghammer und [ich ?] lagen nebeneinander im Bette auf der Erde.
Band 04 (IV.), Seite 65r
04.08.1802
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