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1823
1802
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In Brünn. Ein heiterer Morgen. Fahrt nach Austerlitz. Um 5 h früh fuhren wir durch die Gröna (?) auf die Olmützer Straße. Vom Spitze des ersten Berges präsentiert sich Brünn am schönsten: der Spielberg, der Petersberg mit der Domkirche, die Jakobskirche mit ihren sehr spitzigen Türmen, Oberwitz, alles zeigt sich in seiner ganzen Größe. Bald schlugen wir die Straße rechts – die ungarische – ein, welche über Austerlitz nach Göding – wo die k.k. Tabakfabrik ist – und Holitsch, wo die Geschirrfabrik, schon in Ungarn erbaut. Nach Holitsch rechnet man 5 Stunden. Gleich außer Brünn ist eine gotische Säule. Bei dieser schlugen sich die beiden letzten Markgrafen von Mähren. Einer blieb, der andere wurde vom Kaiser Maximilian in die Acht erklärt und des Markgrafentums beraubt, wodurch selbes an Österreich fiel. Um 8 h waren wir in Austerlitz. Es liegt ganz im Tal, hat keine freie Aussicht. Vom Berge führt eine doppelte Allee ins Städtchen, welches dem Fürsten Kaunitz untertänig ist. Wie sahen zuerst die schöne, von Fürst Wenzel erst 1789 erbaute Kirche an, die im romanischen Geschmack, hat ein Portal mit Säulen, ein Frontispiz, im kleinen jenem der Wiener Carlskirche ähnlich. Rückwärts ist der Turm, rechts die Wohnung der Kapläne, links jene des Dechants angebaut. Im inneren sind alle Verzierungen Stukkaturarbeit. Die Altarblätter sind die Auferstehung, das Abendmahl, und Johannes der Täufer, vom Bildhauer in Gips sehr kunstvoll gearbeitet. Das Ùbrige der Kirche ist roter Marmor. Die Kirche ist sehr schön, in edlem großen Stil. Rückwärts der Kirche ist der Maierhof und eine Allee von Kastanien und inzwischen Pappelbäumen. Der Wirt machte uns mit dem Justizaktuar Rothleithner bekannt, welcher so galant war und versprach, uns in die Kaunitzsche Familiengruft zu führen. Sie ist vom Fürsten Ernst außer der Stadt im Spital erbaut, nur ein einfaches, ganz ungeziertes Gewölbe, worin der Minister Wenzel, die Fürstin und Ernst ruhen. Vorher gingen wir in den Schlossgarten, der im französischen Geschmack angelegt und nichts Besonderes. Links sind in einem Vogelhause einige Fasanen, dann in einem Teiche Schopfenten (?) und nahe dabei Pfauen. Die Aussicht auf einen Acker ist sehr einerlei. Links an der Stiege im Garten ist die alte Gruft, wo die nichtkatholischen Grafen Kaunitz ruhen. Die mitterste Truhe war offen; ich hob sie auf, fand aber nichts als zerfallene Knochen und unkennbare Fetzen von Kleidung. Beim Gasthaus plauderte ich mit Rothleithner bis 12 h über die Wirtschaft, Geschäftsmanipulation, Erträgnis der Herrschaft auf jährlich 60.000 fl., das gesellschaftliche Leben und dergleichen. Krieghammers schliefen indessen. Wir aßen ziemlich gut. Gleich nach Tische machten wir uns ins Schloss, welches neben der Stadt zu liegt, gegen den Garten eine Front und gegen die Stadt zu zwei Seitenflügel hat. Schon am Eingang empfing uns der gesprächige, halbtaube Zimmerwärter in einem kirschfarbenen Kleid, der vordem beim seligen Fürsten in Wien Haussattler war. Zuerst zeigte er die Gastzimmer im 1. Stock, den schönen Saal, welcher die Höhe des Schlosses, 2 Stock hoch hat, architektonisch vom Pichler (?) aus Wien kunstvoll gemalen ist. An beiden Seitenwänden sind die Gruppen, welche auf dem Wiener Burgplatz stehen – Herkules mit dem Stier kämpfend – gemalen. Die Kapelle, auch vom Pichler gemalen, hat 3 Tribünen für die Noblesse, fasst bei 300 Menschen und gefiel mir vorzüglich. Am Hochaltar ist der Erlöser am Kreuze, über Lebensgrösse in Holz geschnitten und auf Alabaster lackiert. Einige Zimmer sind mit kostbaren Gemälden geziert, die meisten aber antik und geschmacklos möbliert. Bis zum Ekel schwätzte und erklärte der Wärter alles, selbst das Unbedeutendste, sprach immer von Aussichten, die ich mit aller Anstrengung nicht fand, da der Ort in einem Kessel liegt. Von einer Seite sieht man einen Acker, vor dem Orte den nahen, fast kahlen Berg. Das Schloss hat einen Graben, in welchen die Fenster der Küche und anderer Kammern gehen. Der Garten und Schloss sind voll mit Kasematten. Zuletzt sahen wir die Stallungen, die wirklich elegant, hoch, geräumig und die schönsten sind, die ich sah. Es sind 2 Stallungen übereinander, zusammen vielleicht auf 100 Pferde. Die Eleganz von Säulen mit Bildhauerarbeit, marmornen Muscheln, Heukörbe von Schlosserarbeit etc. haben nur die oberen. Beim Austritte sagte uns der Wärter nochmals, das Schloss habe 120 Zimmer. Um ½ 4 h fuhren wir aus Austerlitz, es trübte sich, bei Gritsch fing es tüchtig zu regnen an. Wir schützten uns mit Mänteln und wurden wenig nass. Um ½ 7 h kamen wir nach Brünn, es heiterte sich aus. Wegen Briefen von Therese auf die Post, ins Kaffeehaus, dann ins Theater, Krieghammer suchten mich im Kaffeehaus, kamen aber so spät, dass ich – ohngeachtet ich 1 ½ Stunden wartete – schon im Theater saß. „ Zeitungsblatt“, Schauspiel in 4 Akten nach Ariost, frei bearbeitet von Frankstein, worin er und Stegmayer auftraten. Mich ennuyierte es sehr, ich schlief meistens. Nach dem Theater gleich ins Bett. Mir war kalt.
Band 04 (IV.), Seite 63v
01.08.1802
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