|
1818
1802
7
27
In Brünn. Ein heiterer, aber sehr warmer Tag. Ich schlief wenig, um 5 h auf, mit Krieghammer zum Neuen Tor hinaus, bei Leidenfrost und beiden Mundi-Fabriken vorbei in sein Haus, dann Ziegelöfen, nach der Karthaus. Hier sahen wir des Raitrat Aichbauer seine Wirtschaft, Garten, das Haus des Grafen Sinzendorf mit der Aufschrift „Geduld“, welches gerade im Einrichten ist, die Kaserne, welche ehemals der Prälat mit seinen Kartäusern bewohnte, die schöne Kirche welcher Kuppel von dem berühmten Künstler Malbege (sic!) gemalen hat. Die Aussicht nach Brünn, den Spielberg und in die Gebirge ist sehr angenehm und groß. Hinaus gingen wir über die schwarzen Äcker, herein durch die Allee, den Augengarten, des Podstatzky Haus, welches Krieghammer jetzt baut, zum Fröhlichen Tor herein. Krieghammer ging ins Bureau, ich nach Hause, Gießhübler trinken und frühstücken. Posbischel samt Familie kamen von Pohrlitz auf Besuch. Ich kleidete mich um, ging zu Moreau auf’s Theater, Probe von „Armut und Edelsinn“ – er als Van der Husen –, ihn wegen Briefen von Therese zu fragen; es kam nichts. Ich blieb bis ½ 1 h auf der Bank vor dem Theater-Kaffeehaus sitzen, schwätzte mit mehreren von der Gesellschaft, mit Frankstein und Stegmayer, und hörte ganz gewaltig über Moreaus Dummdreistigkeit, dass er sich zum Spielen so aufdrängt, gleich einem Iffland alle Fächer spielen will, und dergleichen. Heute speiste ich seit mehreren Tagen wieder con amore. Nach Mittag schrieb ich, ruhte aus. Abends ins Theater „Armut und Edelsinn“, Moreau als Van der Husen, 1. Debutrolle. Das Theater war sehr leer, Krieghammer ist der Meinung, dass Rothe heute kaum 4 fl. einnahm, weil beinahe alle abonniert sind, die im Theater waren. Von der Gesellschaft, selbst Frankstein und Stegmayer, ließ sich keiner sehen. Moreau sah mit seiner Tour so unvorteilhaft aus, war so Carl-rudisch (?) angezogen, verzerrte sein Gesicht so unangenehm, dass er darin schon den Charakter verfehlte und spielte bei Weitem nicht mit der Unbefangenheit, dem heiteren, munteren Wesen, welches dieser Rolle eigen sein sollte. Er gefiel nicht sehr, wurde mühsam vorgerufen und sprach: „Schön lohnt mir Ihre gütige Nachsicht das geringe Verdienst dieses Abends, denn das Nachgefühl des Entzückens wird selbst in den trübsten Stunden meines Lebens einen heiteren Strahl in meine Seele werfen. Meine Bemühung, an einigen Abenden etwas zu Ihrer Unterhaltung beizutragen, wird zwar nie meinen Dank erreichen; doch bin ich überzeugt, dass Sie mein Gefühl nicht verkennen werden“. Ein Teil des Publikums hörte dies nicht mehr. Der junge Baron Tauber gesellte sich zu uns. Wir gingen über den großen Platz in Hebenstreits Kaffeehaus, aßen da Gefrorenes, dann nach Hause. Moreau soupierte mit uns, war sehr pensiv, ganz zusammengedonnert, sprach wenig, launiges gar nichts. Wir plauderten von Brünns schönen Gegenden, von der Pracht eines blühenden Mohn- oder Flachsfeldes, dessen schöne Farbe keine Kunst erreicht. Viel sahen wir deren auf unserer Sloupper Fahrt. Heute erhielt ich von Therese noch keinen Brief. Dies macht mich so ängstlich, so unruhig, und verweigert mir jedes Vergnügen. Ich denke so oft an sie und bin sehr besorgt.
Band 04 (IV.), Seite 60v
27.07.1802
|