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Bis Mittag in Kremsmünster, dann nach Linz. Der Professor der Geschichte, Pater Ulrich, war unser freundlicher Führer. Wir sahen den großen Saal mit den Porträts der Kaiser, auf der Tafel steht ein Aufsatz von Bronze, aus Walfischen springt frisches Quellwasser in ein Becken, in welchem Goldfische sind; die Bibliothek; den mathematischen Turm, erbaut vom Abte Alexander: ein herrliches Werk der Baukunst, noch mehr die innere Einrichtung. Er hat in 4 Stöcken Säle, dann noch 2 Abteilungen. Im 1. Stock sahen wir die Käfersammlung und vierfüssige Tiere, im 2. Stock Vögel und Mineralien, 3. Stock physikalische Kabinette, schöne Sonnenspiegel, 4. Stock Bildergalerie, 5. und 6. Abteilung mathematische Instrumente, Wohnung des Astronomen. Der astronomische Brunnen ist 32 Klafter tief. Von da gingen wir in den Garten, ins Feigenhaus, Glashaus, Fischkalter, welcher jeder sein eigenes springendes Wasser und eine Säulengalerie hat; zum Teich, wo ein Monument von Tassilos Sohn Günther, welchen ein Wildschwein im 8. Jahrhundert tötete. Das Stift wurde 777 von Tassilo erbaut. Besuchten das Konvikt, das bei 70 Schüler zählt, sahen ihre Schriften, Zeichnungen, Kapelle. Von da gingen wir in den Markt, kaufte für 5 fl. bei Margelik ein Pfund Schololade, sah in einem Anverwandeln (?) die Natalia von Kremsmünster, welche mit Lange und Moreau im „Mädchen von Marienburg“ für die Armen spielte. Der Lehrer und Mechanikus Fraunberger zeigte und das niedlich gemalte Theater, welches 200 Menschen fasst; dann in das Spital, endlich in die Stiftskirche. Das Altarblatt von dem Münchener Maler Wolf, die Verklärung Christi, ist sehr schön. An den Pfeilern sind Tableaux mit Tassilos und Günthers Geschichte. Die Sommerabtei hat ein herrliches Kupferstichkabinett, die Bibliothek 4 geräumige Säle, in welcher 30.000 Bände und viele Manuskripte sind. Sie bedauern, dass ihr Abt Anselm nicht zu bewegen ist, von Wien in ihr Stift zurückzukehren und wollen zur Wahl eines neuen Abtes schreiten, welche ihnen jetzt über 30.000 fl. wegen der Taxen kostet. Zu Mittag kamen von Wien 2 Schotten und ein Klosterneuburger Geistlicher, welche unsere Reise in das Salzkammergut machen, worunter der Professor der Kirchengeschichte und Zensor Rutenstock, ein alter Bekannter, war. Wir freuten uns des Wiedersehens, schieden aber bald wieder, denn um 2 h fuhr ich mit Evarist und Seyrl nach Linz, wo wir um 6 h ankamen. Wir passierten Neuhofen, Schloss Weissenberg in der Tiefe und Ebelsberg. Ich empfing 2 Briefe von meiner lieben Frau, schrieb ihr auf der Stelle und führte meine Helden ins Theater „Alpenröslein“. Spielten brav; plauderten mit Eggendorfer, Reisser und Lüftenegger, welche uns morgen zu Tische baten, welches ich lange nicht annehmen wollte.
Band 10 (X.), Seite 216r RTB p. 37 ff
17.09.1822
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