Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [10388]

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1822
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Vor 6 h Fahrt nach Schärding, über die Innbrücke, Suben – dem Fürsten Wrede – dann nach St. Martin und Kallham. Auf dem Mariahilfberg ist die Grenze. Unsere Mautbeamten waren sehr diffizil, visitierten den Pinkel. Ich war mit ihnen sehr trocken. Unsere heutige Fahrt, meistens gebirgig, in gut gebauten Tälern und Auen, war sehr angenehm. Wir sahen wieder Feldbau, eine bessere Vegetation und die weißen Filzhüte der Weiber. Wir atmeten freier als im Hochgebirg, verloren das Innviertel, kamen in das liebe Hausruckviertel. Bis Schärding hatten wir immer zeitweise den breiten Innstrom zur Rechten. In dem unglücklichen Schärding, das noch jetzt so viele nicht aufgebaute Brandstätten hat, sind 7 Brauhäuser, 7 Metzger und 7 Bäcker; wir besuchten den pensionierten Landrichter Wagner, einen würdigen Greis von 75 Jahren, mit der Ehrenmedaille von Joseph. Er nötigte uns, Kaffee zu trinken, war unser Führer im Städtchen. Sahen die Ruinen des Schlosses, das Rathaus, die wirklich schöne, neu hergestellte Kirche – mit einem Marmoraltare aus einem aufgehobenen bayrischen Stifte und einem meisterhaft gemalten Altarblatt, das Abendmahl vorstellend, das aus der Sebastianikirche elend erbaute Theater mit einem gefährlichen Eingang. Verweilten bis 10 h, kamen über Suben – ein ehemaliges Kloster, ist von Wrede sehr vernachlässigt – erst um 12 h nach St. Martin, zahlten 7 fl. Fanden leider den Pfleger Bayr nicht zu Hause und mussten bis ½ 5 h auf eine Fuhre warten, die ich mit 12 fl. bezahlte. Wir sahen den Garten, die Saat (?) von französischen Obstbäumen, die Ananashäuser. Fanden den Gärtner sehr artig, ein junger Mann, mit vieler Liebe zu seiner Kunst. Führte uns herum, zeigte uns ausgefüllte Georginen, sahen den Garten samt Kapelle, die 6 Karossen, dann das 2 Stock hohe und prächtig möblierte Schloss, in jedem Zimmer Bronzeuhren, Leuchter, Vasen von Porzellan, Möbel meistens von Mahagoni, alles mit Seide überzogen und viel zu elegant für das Land; bewunderten die Pracht und Reinlichkeit. Besuchten die Ökonomie, schöne Ställe und das Vieh, die Dorfkirche. Die große Herrschaft von 16 Ortschaften gehörte dem in München verstorbenen Grafen Tattenbach, welche jetzt seinem Verwandten, Graf Arco versprochen. Wir aßen im Gasthofe Knödel und Kalbsschnitzel, zahlte 5 fl. Plagte Bayrs Sohn, einen Apotheker, wegen Pferden, welche endlich um ½ 5 h kamen. Fuhren über Riedau – ein Markt – und kamen um 8 h nach Kallham, zahlte 12 fl. Wir stiegen beim Pfarrer Reiter – erster Direktor des Taubstummeninstituts in Linz – ab; fanden eine freundliche Aufnahme, meinen lieben Röser, den Regierungsrat und Protomedikus Huber und plauderten von unserer Reise, soupierten. Dann schliefen Röser und ich zusammen, die 3 jungen Leute gegenüber im Brauhaus. O wie schön ist es hier !
Band 10 (X.), Seite 214r RTB p. 33 f
14.09.1822
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